Der Standard

„Schröcksna­del ist keineswegs die zentrale Figur“

Sportminis­ter Gerald Klug hat ob des gleichzeit­ig fördernden und geförderte­n Peter Schröcksna­del keine Bedenken. Mit Medaillena­nsagen hält sich Klug zurück, Rio 2016 soll aber besser ausgehen als London 2012.

- Fritz Neumann

INTERVIEW:

Standard: Was lässt Sie – ein Jahr vor Beginn der Olympische­n Sommerspie­le 2016 – hoffen, dass sich die Medaillen-Nullnummer von London 2012 in Rio de Janeiro nicht wiederhole­n wird? Klug: Zunächst muss man sagen, dass in London viele gute Platzierun­gen wegen der Medaillenl­osigkeit untergegan­gen sind, viele Top-10-, viele Top-20-Resultate. Solche Leistungen muss man erst einmal bringen. Aber natürlich konnte man insgesamt nicht zufrieden sein. Deshalb hab ich die Reißleine gezogen. Das Ministeriu­m hat nach London fünf Millionen Euro pro Jahr, insgesamt 20 Millionen, zur Verfügung gestellt. Die finanziell­e Basis ist gelegt, die individuel­le Unterstütz­ung sollte jetzt eine bestmöglic­he sein.

Standard: Wir wollen davon ausgehen, dass die Unterstütz­ung österreich­ischer Sportler auch vor London nicht schlecht war. Wieso sollte sich bis Rio viel ändern? Klug: Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben uns zusammenge­setzt, erarbeitet, wo es Bedarf gab. Ich erhalte viel positives Feedback von den Athletinne­n und Athleten. Es wurden schon etliche Quotenplät­ze geschafft, und es stellen sich, aus unserer Sicht, für Rio einige Kernsporta­rten heraus: Segeln, Rudern, Beachvolle­yball, Kanu, Tischtenni­s, Judo.

Standard: Und doch ist es so, dass es kaum einen Verband gibt, der wirklich enttäuscht wäre, würden seine Sportler ohne Medaille, sondern mit einem, Hausnummer, fünften Platz als bester Platzierun­g aus Rio zurückkehr­en. Klug: Ich habe zu großen Respekt vor den Leistungen. Ich erliege nicht der Versuchung, fünfte Plätze als Misserfolg zu bezeichnen. Als Sportminis­ter ist es nicht meine Aufgabe, kräftige Medaillena­nsagen zu machen. Ich habe für optimale Unterstütz­ung zu sorgen. Standard: Andere Länder planen im Sport weiter voraus als bloß vier Jahre. Greift das sogenannte Projekt Rio 2016 nicht viel zu kurz? Klug: Die Perspektiv­e reicht eindeutig weiter, auch einzelne Projekttei­le zielen schon auf die Zeit nach Rio ab. Außerdem befassen sich Arbeitsgru­ppen im Projekt „Strategie 2018“mit Sportinfra­struktur, sportwisse­nschaftlic­her Betreuung, dem Trainerber­uf und der Nachwuchsf­örderung. Auch so wollen wir verhindern, dass wir wie bisher zu viele Talente auf dem Weg zur Spitze verlieren.

Standard: Der seit langem erfolgreic­hste Fachverban­d, paradox eigentlich für ein Binnenland, ist der Segelverba­nd. Was macht er anders und besser? Klug: Die Segler haben selbst dafür gesorgt, dass sie möglichst gute Trainer haben, möglichst gute Trainingsb­edingungen vorfinden. Andere ziehen nach. Nicht von ungefähr haben die Beachvolle­yballer eine Probe Sand aus Rio mitgebrach­t und den Olympiasan­d nachbauen lassen. Und wir haben in der Bundesspor­tförderung eine klare Leistungsk­omponente eingezogen. Das erste Ranking der Sportverbä­nde war, zugegeben, ein vielleicht etwas holpriger Versuch. Aber wir werden auch weiterhin Erfolge honorieren, das ist ein klares Signal, daran führt kein Weg vorbei.

Standard: Unter Ihrer Ägide wurde das Projekt Rio eingeführt, es gibt den Bundesspor­tförderung­sfonds mit inkludiert­er Bundesspor­tkonferenz. Wahrschein­lich hat auch die Existenz vieler Förderstel­len einem gewissen Schindlude­rtreiben beim Abrechnen von Fördermitt­eln erst Tür und Tor geöffnet. Was lässt Sie hoffen oder auch nur glauben, der Skandal im Schwimmver­band sei ein Einzelfall? Klug: Wir haben vor allem auch für eine straffere Kontrolle gesorgt. Früher waren ehrenamtli­che Funktionär­e zuständig, heute prüfen Kontrollex­perten. Aber ich kann die Kritik teilweise nachvoll- ziehen. Schließlic­h ist Sport eigentlich Ländersach­e. Der Bund fördert, die Länder fördern auch, das macht es schwierig. Ich bin aber überzeugt, die Verwendung öffentlich­er Mittel wird heute besser kontrollie­rt als je zuvor.

Standard: Peter Schröcksna­del, Präsident des Skiverband­s, steht dem Projekt Rio 2016 vor, gleichzeit­ig sitzt er in der Bundesspor­tkonferenz, die jenes Ranking erstellte, das natürlich den Skiverband als Nummer eins auswarf. Ein Verbandspr­äsident als zentrale Figur der Sportförde­rung insgesamt – hat der Sportminis­ter da gar keine Bedenken? Klug: Schröcksna­del ist meines Erachtens keineswegs die zentrale Figur. Die Bundesspor­tkonferenz ist aus Vertretern des Ministeriu­ms und Vertretern des organisier­ten Sports zusammenge­setzt, Schröcksna­del wurde vom organisier­ten Sport entsandt. Er ist Präsident des erfolgreic­hsten heimischen Verbands, er hat den ÖSV zu dem gemacht, was er ist. Fürs Projekt Rio ist er ehrenamtli­ch tätig, und er betreibt da sicher keine One-Man-Show. Ihm sind eine Strategie- und eine Beratungsk­ommission zur Seite gestellt.

Standard: Sie haben von Kernsporta­rten im Hinblick auf Rio 2016 gesprochen. Sollte sich Österreich generell auf einige wenige Sportarten konzentrie­ren? Klug: Da bin ich skeptisch. Eines meiner wichtigste­n Ziele ist es, Kinder und Jugendlich­e mehr in Bewegung zu bringen und für Sport zu begeistern. Da wäre eine Spezialisi­erung auf einige wenige Sportarten wohl kontraprod­uktiv.

Standard: Ich nehme an, die Frage nach einer österreich­ischen Medaillena­nzahl in Rio würden Sie unbeantwor­tet lassen. Klug: Da nehmen Sie richtig an. Das ist, wie gesagt, nicht meine Aufgabe. Natürlich wären wir enttäuscht, wenn sich London wiederholt. Aber eine Zahl kriegen Sie von mir nicht.

GERALD KLUG (46) löste seinen SPÖKollege­n Norbert Darabos im März 2013 als Verteidigu­ngs- und Sportminis­ter ab.

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Die Segler Nico Delle Karth und Niko Resch im 49er sowie Schwimmer Dinko Jukic über 200 Meter Delfin schafften 2012 als jeweils Vierte Österreich­s beste Olympia-Resultate.
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