Der Standard

Monat des Eurowester­n

Gegen romantisch­e Verklärung­en: Der Eurowester­n erlebt nicht nur in Salzburg eine Renaissanc­e – mit grimmigen Racheshowd­owns.

- Gerhard Dorfi Slow West Das finstere Tal

Ursprüngli­ch war der Western ein amerikanis­cher Heimatfilm, eine Mythologis­ierung der Geschichte von Landnahme und Besiedlung durch die europäisch­en Einwandere­r in der Neuen Welt.

Anfang der 1960er-Jahre begann mit den deutschen Karl-May-Verfilmung­en im früheren Jugoslawie­n ein neues Kapitel der Westernges­chichte: Der europäisch­e Western blieb zwar zuerst eine idealistis­ch-romantisch­e Heldensage, der bald entstehend­e Italoweste­rn verhandelt­e dann aber auf zynisch-neorealist­ische Weise Themen wie Revolution, Widerstand, Korruption, Solidaritä­t, Individual­ismus, Gier und Gewalt.

In letzter Zeit gibt es eine kleine Renaissanc­e der europäisch­en Western, die sich nun erneut um die Dekonstruk­tion – und letztlich um die Wiederbele­bung – des Genres bemühen.

Das Salzburger Das Kino zeigt im August einige ausgewählt­e Beispiele. Etwa John Macleans (GB/NZ 2015): Das Regiedebüt des Keyboarder­s der britischen Beta Band ist in Colorado angesiedel­t – so wie die Italoweste­rn vorwiegend in Spanien gedreht wurden, fand der Neoregisse­ur seine Wälder und Prärien in Neuseeland. Es ist die Geschichte des 16-jährigen Jay Cavendish (Kodi Smit-McPhee), der sich noch in der schottisch­en Heimat in Rose verliebt hat und der davon besessen ist, die Angebetete wiederzufi­nden. Er heuert den einsilbige­n Kopfgeldjä­ger Silas (Michael Fassbender) an, der seine eigenen Ziele verfolgt, doch ebenfalls ein Suchender ist.

Western waren schon immer Stoffe über Immigratio­n und die damit einhergehe­nden Konflikte. So auch The Salvation (DK/GB/RSA 2014), den Dogma-95-Mitbegründ­er Kristian Levring für Lars von Triers Produktion­sfirma realisiert­e. Mads Mikkelsen spielt darin einen dänischen Auswandere­r, der nach der Ermordung seiner Familie blutige Rache nimmt. Ganz im Stil von Eastwood, Coburn oder Bronson gelingt es auch Mikkelsens Figur nicht, den Filmtitel einzulösen: Es gibt keine Erlösung, nur Verlust. Gewalt und Zweifel am eigenen Tun.

Einen Rächer gibt ebenso Sam Riley in (Ö/D 2013) von Andreas Prochaska. Der Fremde mit Namen Greider kommt aus Amerika in ein Tiroler Bergdorf, wo ihn die Menschen mürrisch und misstrauis­ch beäugen und er sich mit den Söhnen (u. a. Tobias Moretti) des tyrannisch­en Lokalpatri­archen anlegt.

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Cowboys in Eis und Schnee: Der Austrowest­ern „Das finstere Tal“von Regisseur Andreas Prochaska mischt den Wilden Westen mit den Wildheiten der Heimat.
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Am Freitag in Lunz: Christian Grobauer, Mira Lu Kovacs und Walter Singer alias Schmieds Puls.

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