Oh Augenblick, verweile doch am See!
Beim Festival More Ohr Less im niederösterreichischen Lunz am See kommt es auf die „unvorstellbar klaren Seen“und die „fast unberührten Urforests“an, wenn es nach Gründer Hans-Joachim Roedelius geht. Sie sollen nicht bloß Kulisse, sondern Teil eines Gesamtkunstwerks sein. Dessen anderer Part sind wissenschaftliche Vorträge, Performances und Konzerte auf der Seebühne.
Dieser Naturverschmelzungsgedanke steht der Mystik ebenso nahe wie das heurige Motto „Forever Now“. Man vertieft sich auf verschiedenen Wegen: Aus naturwissenschaftlicher Sicht etwa heute Abend mit Martin Kainz, Universitätsprofessor und Arbeitsgruppenleiter an der biologischen Station am Lunzer See. Ihm folgen das Harri Stojka Trio mit seinem Gipsy-Swing und das Wiener Elektronikduo Jaey, das funkige Synthraffinessen mit schwebendem Gesang verschmilzt.
Dass man die Frage nach der Ewigkeit des Augenblicks beim More Ohr Less nicht zuletzt mit elektronischen Mitteln stellt, ist freilich folgerichtig: Roedelius gehört zu den Urgesteinen der elektronischen Musik, mit den Bands Cluster und Harmonia prägte er den Krautrock. Er steht nun für eine Form der Elektronik, die im Technoiden das Harmonisierende sucht.
Wie es klingt, wenn Roedelius seine eigene Biografie am Klavier begleitet, hört man in einer Doppelconférence mit Schauspielerin Michou Friesz am Freitag. Mit dabei ist der Meister aber auch, wenn das siebenköpfige Lunz Reinterpretations Ensemble am Samstag seine Hommage an den „magischen Ort Lunz“präsentiert.
Viel Raum ist allerdings den elektronischen wie akustischen Sprösslingen eingeräumt: Peter Kruder ist (mit einem DJ-Set) ebenso vertreten wie das Projekt Schmieds Puls der SingerSongwriterin Mira Lu Kovacs. (rg) More Ohr Less, Lunz am See, Seebühne u. a. Orte, bis 9. 8. p www.more-ohr-less.com