It’s the Arbeitslosigkeit, stupid !
Das Leben ist zu kurz, um sich noch ein TV-Interview mit Frank Stronach anzusehen. 822.000 Österreicher, ein Rekord, waren allerdings anderer Meinung und verfolgten die „Sommergespräche“mit Frank. ie Motive sind rätselhaft. Unterhaltungsfaktor? Oder ist er für viele immer noch der erfolgreiche Selfmademan, der weiß, wie man Arbeitsplätze schafft?
Denn zwei Dinge stehen fest: Die Arbeitslosigkeit in Österreich wächst und wächst (während sie in den restlichen Industriestaaten Europas sinkt) und die traditionellen Parteien und Politiker wissen kein Gegenrezept. Sie haben sogar aufgegeben, eines zu suchen.
Das ist tragisch, denn die Arbeitslosigkeit hierzulande ist kein konjunkturelles, sondern ein strukturelles Problem. Relativ einfache Arbeit ist abgewandert, nach Osteuropa, zum Teil noch weiter. Aber auch in der Mittelschicht ersetzt die Digitalisierung bereits gewisse qualifiziertere Tätigkeiten.
Aber Experten nicht nur des konservativen Lagers weisen, vorläufig noch vorsichtig, darauf hin, dass konventionelle Arbeitsplätze für immer mehr Unternehmungen schlicht nicht mehr leistbar seien. Die Kosten eines Arbeitsplatzes für eine Firma betragen im Schnitt etwa 220 bis 230 Prozent des mit diesem Arbeitsplatz verbundenen Nettolohnes bzw. Nettogehaltes. Dementsprechend entstehen wenig neue Arbeitsplätze und die bestehenden sind gefährdet.
Die Tragik liegt darin, dass auch für die Arbeitnehmer
Dnicht recht viel übrig bleibt. Ein ASVG-Versicherter verdient 2.000 Euro netto im Monat. Brutto hat er rund 3200, aber sein Arbeitgeber zahlt wegen der sogenannten Lohnnebenkosten rund 4.200 Euro. Der Angestellte bekommt also 48 Prozent der Kosten seines Arbeitsplatzes auf die Hand.
Die Arbeitgeberverbände fordern immer wieder eine Senkung der Lohnnebenkosten. Man könnte statt „Lohnnebenkosten“aber auch „Kosten des politisch-wirtschaftlich-sozialen Systems der Zweiten Republik“sagen, heruntergebrochen auf Monat und Arbeitsplatz.
Diese Kosten sind historisch entstanden und haben, jeder Teil für sich, eine gewisse Berechtigung. Oder sie hatten sie. Herausgekommen ist aber ein Spitzenplatz Österreichs bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Dadurch verliert die Wirtschaft einerseits stetig an Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitnehmer liefert einen immer beträchtlicheren Teil seines Einkommens an einen undurchsichtigen Staat und ein ebenso undurchsichtiges Sozialversicherungssystem ab. as ist kein Plädoyer für Leistungskürzungen, für „soziale Kälte“oder „schrecklichster der Schrecken“, eine „neoliberale Politik“. Es ist nur ein Hinweis, dass das Steuer-und Sozialsystem aus den Fugen ist; dass dort zuviel genommen und da zuviel gegeben wird, ebenso wie zu viel und zu wenig genommen wird. Und dass Arbeiten und Wirtschaften suboptimale Bedingungen vorfinden.
Frank Stronach hätte für all das sicher ein Patentrezept. Es wird nur etwas anderes gebraucht, nämlich ein mühsamer Umbau unseres Systems. hans.rauscher@derStandard.at
D