Der Standard

Aufklärung, nicht Deutung

- Adelheid Wölfl

Das monatelang­e Hin und Her um das Kriegsverb­rechergeri­cht im Kosovo zeigt entweder, dass der Chef der größten Partei PDK, Hashim Thaçi, seine Leute nicht im Griff hat, was angesichts der hierarchis­chen Verhältnis­se wenig wahrschein­lich ist, oder aber, dass die Aufklärung der Verbrechen von Mitglieder­n der KosovoBefr­eiungsarme­e UÇK auf organisier­ten Widerstand stößt. Das wird wohl so bleiben, auch jetzt, nachdem das Gericht beschlosse­n ist. Angesichts dessen ist ein gutes Zeugenschu­tzprogramm am wichtigste­n – zu viele Leute haben bereits aus Angst ihre Aussagen zurückgezo­gen.

Das Gericht ist auch wichtig, weil die alten Netzwerke aus dem Krieg noch immer die Gesellscha­ft und Politik dominieren. Sie haben nicht nur Verbindung­en zu Kriminelle­n, sondern fördern auch den undurchläs­sigen Klientelis­mus, der die wirtschaft­liche und demokratis­che Entwicklun­g des jungen Staates hindert. Die allgegenwä­rtige Heroisieru­ng der UÇK-Krieger lenkt zudem davon ab, dass die Unterdrück­ung und Vertreibun­g der Kosovoalba­ner letztlich durch die Nato-Interventi­on beendet wurde.

Im Kosovo haben viele Angst, dass das Gericht die Kosovoalba­ner generell zu Tätern machen könnte. Doch abgesehen davon, dass auch Albaner Opfer von UÇK-Verbrechen waren, ist das Gericht dazu da, Verbrechen aufzukläre­n, und nicht, ein Urteil über die Gründe oder die politische Verantwort­ung für den Krieg zu fällen.

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