Ex-Innenminister Löschnak: Asylpolitik „dilettantisch“
30.000 Asylanträge, 6000 positive Bescheide im ersten Halbjahr
Wien – Während seiner Amtszeit flüchteten 115.000 Menschen vor den Kriegen in Ex-Jugoslawien nach Österreich, 90.000 Bosnier blieben im Lande: Dennoch habe es Anfang der 1990er-Jahre keine Probleme mit der Unterbringung von Flüchtlingen gegeben, sagt Ex-Innenminister Franz Löschnak im STANDARD- Interview.
An der Asylpolitik der jetzigen Regierung sieht Löschnak wenig Gutes: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sei „mit dem Dreschflegel“vorgegangen, die Regierung habe sich „dilettantisch“auf die jetzige Situation vorbereitet. Mikl-Leitners Streit mit dem Verteidigungsressort habe erst den Widerstand in den Ländern wachsen lassen. Löschnak empfiehlt, das Einvernehmen zu suchen und Asylwerber in kleineren Einheiten unterzubringen, zudem rät er, Widerstand in Ländern und Gemeinden per Gesetz zu brechen.
Im überfüllten Lager von Traiskirchen gilt seit Mittwoch ein Auf- nahmestopp. Im ersten Halbjahr 2015 gab es in Österreich 30.000 Asylanträge. 6000 Verfahren endeten mit einem positiven Bescheid. (red)
Zwischen dem Land Kärnten und dem Innenministerium ist neuerlich ein heftiger Streit um Flüchtlingsquartiere ausgebrochen. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und der Bürgermeister von St. Georgen am Längsee, Konrad Seunig (SPÖ), fühlen sich übergangen. Wie berichtet, sollten in der kleinen Gemeinde Notzelte für 400 Flüchtlinge aufgestellt werden. Kärnten lehnt das entschieden ab. Auch der Bürgermeister der Kärntner Gemeinde Ossiach, Johann Huber (FPÖ), hat dem Innenministerium einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er hat als oberste Baubehörde den Umbau eines seit Jahren leerstehenden Heims zum Erstaufnahmezentrum gestoppt.
Innenministerin Johanna MiklLeitner (ÖVP) gab die Kritik aus Kärnten postwendend zurück. Landeshauptmann Kaiser habe es selbst in der Hand, Quartiere zu schaffen. Wenn alle Bundesländer ihre Quote zu 100 Prozent erfüll- ten, gebe es keine Notwendigkeit für die Errichtung von Zelten.
Mikl-Leitner besichtigte am Mittwoch in Bayern Traglufthallen als Asylquartiere. Sie sah darin eine eindeutige Verbesserung zu Containern und Zelten. In einer kühl- und beheizbaren Traglufthalle können bis zu 300 Menschen untergebracht werden. Kosten: 81.000 Euro Miete pro Monat – fast um die Hälfte weniger als bei Containern. (mue, simo)