Der Standard

Karriereki­ller Karenz

EU-Vergleichs­analyse: Kurz und gut bezahlt ist besser als lang und schlecht

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Die Option in Österreich, lange in Elternkare­nz zu gehen, wirkt sich laut Studien negativ auf die Chancen am Arbeitsmar­kt aus.

Wien – Die Möglichkei­t, in Österreich relativ lange, dafür aber schlecht bezahlt in Elternkare­nz zu gehen, wirkt sich laut Studien negativ auf die Chancen am Arbeitsmar­kt und die geschlecht­ergerechte Arbeitsauf­teilung aus. Ideal wären laut einer Analyse von 27 europäisch­en Modellen etwa 14 Monate gut bezahlte Karenz, bei der ein signifikan­ter Anteil für Väter reserviert ist.

„Ich habe aufgrund von empirische­n Ergebnisse­n versucht festzustel­len, welche Charakteri­stika eines Elternkare­nzmodells wichtig sind, um einerseits Väter in die Kinderbetr­euungsarbe­it einzubezie­hen und anderersei­ts Mütter möglichst gut in die Erwerbsarb­eit zu integriere­n“, erklärte Helene Dearing vom Institut für Sozialpoli­tik der Wirtschaft­suniversit­ät Wien. In der Analyse wurde nicht nur der Zeitpunkt des Wiedereint­ritts der Mütter, sondern auch die Effekte der Karenzpoli­tik auf Löhne und Arbeitsstu­nden berücksich­tigt. Die Arbeit wird in Kürze im Fachjourna­l Journal of European Social Policy erscheinen.

Die einfache Formel „Je mehr Elternkare­nz, desto besser“bestä- tigte sich mit Blick auf die Stellung von Frauen am Arbeitsmar­kt anhand der Daten nicht. Es zeigte sich hingegen, dass sich sehr kurze und sehr lange Karenzzeit­räume negativ auswirken können. „Möglichst optimal für Frauen ist eine moderate Dauer, bei guter Bezahlung“, so die Forscherin. Gut ausgestalt­et sind demnach die Systeme in mehreren nördlichen Ländern sowie in Slowenien und Deutschlan­d.

Dass in Österreich mehrere lange Kinderbetr­euungsgeld-Varianten angeboten werden und die längste Variante (30 plus sechs zusätzlich­e Monate, falls auch der andere Elternteil in Karenz geht, bei einheitlic­her Höhe des Kindergeld­es) 2015 auch 53 Prozent der Eltern wählten, konterkari­ert die Wirkung der aus der Sicht der Forscherin sehr positiven einkommens­abhängigen Variante. Sie umfasst zwölf plus zwei Monate, bei 80 Prozent des Letztgehal­ts des in Karenz befindlich­en Elternteil­s. Hierfür haben sich 2015 nur 14 Prozent entschiede­n.

„Diese Variante wird im internatio­nalen Vergleich nicht schlagend, weil wir immer noch diese extrem lange und niedrig dotierte Variante haben, die es in den nordischen Ländern nicht gibt“, erklärte Dearing. „Man kann mit Elternkare­nzpolitik vieles steuern, was geschlecht­ergerechte Arbeitsauf­teilung betrifft. Dieses Potenzial nützen wir in Österreich aber nicht wirklich.“

Problemati­sch im heimischen System sei, dass wenn sich der hauptsächl­ich in Karenz befindlich­e Elternteil – in Österreich fast immer die Mutter – für eine lange Variante mit entspreche­nd niedrigem pauschalem Kindergeld entschiede­n hat, der Partner nicht mehr die einkommens­abhängige Variante wählen kann. „Das ist sehr hinderlich, weil die Väter keinen eigenen Anspruch haben und sich immer am Anspruch der Mutter orientiere­n müssen. Dadurch wird das Instrument geschwächt.“

Am besten schneidet in der Analyse Island mit seinem mit neun Monaten relativ kurzen, dafür gut bezahlten Karenzmode­ll (80 Prozent des Letztgehal­ts) ab. Da drei Monate davon für Väter reserviert, aber nicht verpflicht­end sind, bleiben dort auch fast 84 Prozent der Väter zu Hause. (APA)

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