Ägyptens Regierung feiert ihr „Geschenk an die Welt“
Mit viel Pomp und historischen Anleihen soll heute, Donnerstag, die neu gebaute Erweiterung des Suezkanals eröffnet werden. Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi nutzt die Chance, um sich in der Stunde des Nationalstolzes als Macher zu profilieren.
Kaum ein Superlativ reicht dieser Tage aus. Als „Wunder wie der Pyramidenbau“, als „Zeitenwende“oder gar als „Game Changer“bezeichnen ägyptische Politiker und Journalisten den „neuen Suezkanal“regelmäßig. Der „neue Suezkanal“ist vor allem eine Erweiterung der rund 72 Kilometer langen internationalen Wasserstraße auf einen kreuzungsfreien Betrieb. Auf Befehl von Präsident Abdelfattah al-Sisi wurden die Arbeiten in einem statt in drei Jahren ausgeführt und planmäßig in diesem Sommer beendet.
Am heutigen Donnerstag geht die pompöse Eröffnungsfeier in Ismailia über die Bühne. Mit Gästen aus der ganzen Welt und Reminiszenzen ans Eröffnungsjahr 1869 wie einer Arie aus der Oper Aida und der königlichen Yacht Mahroussa. Wo einst Kaiserin Eugenie die Schiffsparade anführte, steht jetzt Präsident Sisi. Bezahlt wurde das 30 Millionen Dollar (27,5 Millionen Euro) teure Spektakel unter dem Motto „Ein Geschenk Ägyptens an die Welt“aus Spenden der beteiligten inund ausländischen Firmen.
Mit dieser geschichtlichen Verknüpfung will Sisi die Bedeutung seines Megaprojektes unterstreichen. Für Ägyptens Nationalverständnis spielt der Suezkanal eine große Rolle. Den Stolz auf diese Leistung spürt man dieser Tage bei vielen Ägyptern. Die Idee, den Suezkanal auszubauen und entlang dieser Achse eine Wirt- schaftszone einzurichten, hatten vor Sisi schon mehrere Präsidenten verfolgt. Bei den Muslimbrüdern war es ein zentrales Vorhaben ihres Wirtschaftsprogramms, aber die Armee hatte sich quergestellt. Jetzt ist sie in dieser sensiblen Region Bauherrin und hat die technische Oberaufsicht.
Angst vor Anschlägen
Gefeiert wird im ganzen Land mit Dutzenden von Veranstaltungen, etwa auch am Fuße der Pyramiden, mit Sondermarken, Gedenkmünzen und Feuerwerk. Die Regierung hat den Donnerstag zum Feiertag erklärt. Nicht nur um den Menschen eine Freude zu bereiten, sondern vor allem auch um den 10.000 Polizisten und 230.000 Soldaten, die für die Sicherheit verantwortlich sind, ihre Aufgabe zu erleichtern. In ganz Ägypten herrscht die höchste Sicherheitsstufe, aus Angst vor Anschlägen. Radikale Islamisten wollten Sisi den Triumph nicht gönnen, begründete in Kairo ein Geschäftsmann die Sorgen.
Ob die Suezkanal-Erweiterung wirtschaftlich Sinn ergibt und die rund 7,8 Milliarden Euro gut investiert sind? Da setzen Ökonomen ein Fragezeichen. Sisi wollte vor allem beweisen, dass er in der Lage ist, zu liefern und etwas zu bewegen – und zwar schnell. Mit dem Ausbau wird die Kapazität von 49 auf 97 Schiffe pro Tag verdoppelt und die Fahrzeit von 22 auf elf Stunden halbiert. Die Einnahmen sollen sich laut Prognosen bis ins Jahr 2023 von heute jährlich fünf auf 12,5 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Dafür muss aber der Welthandel entsprechend wachsen.
Der neue Kanal ist ohnehin nur das Herzstück einer gigantischen Wirtschaftszone, die zwischen Suez und Port Said geplant ist. Hier soll ein weltweit führendes Logistikzentrum entstehen und sich Produktionsbetriebe aus den verschiedensten Branchen niederlassen, um bis 2030 eine Million Arbeitsplätze zu schaffen.
Dazu müssten internationale Interessenten viele Dutzend Milliarden investieren. Das lässt sich dann nicht mehr einfach befeh- len, die ökonomischen Voraussetzungen müssen stimmen. Der Schwung aus dem Kanalbau soll aber mitgenommen werden, deshalb sollte der Präsident bei der Eröffnung gleich weitere Megaprojekte und die ersten Schritte zur Umsetzung der Kanal-Wirtschaftszone ankündigen.