Der Standard

Hellas zittert Hilfspaket entgegen

Premier Tsipras sieht sich auf der Zielgerade­n – Banken stürzten an Börse erneut ab

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Athen – Während eine Regierungs­sprecherin Neuwahlen im Herbst für wahrschein­lich hält, macht sich Premier Alexis Tsipras selbst Mut: „Wir sind auf der Zielgerade­n für eine Vereinbaru­ng mit den Institutio­nen“, sagte Tsipras am Mittwoch. Er hoffe, dass es trotz aller Schwierigk­eiten eine Verständig­ung gebe, die die Unsicherhe­it für Griechenla­nd und die Eurozone beendete.

Es geht um ein Hilfspaket von bis zu 86 Milliarden Euro. Einer Einigung mit den Geldgebern EUKommissi­on, Europäisch­e Zentralban­k (EZB) und Internatio­naler Währungsfo­nds (IWF) muss neben dem griechisch­en auch das deutsche Parlament zustimmen. Das Paket soll bis 18. August beschlosse­n werden. Am 20. August muss Griechenla­nd mehr als drei Milliarden Euro an alten EZBSchulde­n zahlen.

Tsipras’ Links-rechts-Regierungs­bündnis will dem klammen Staat rasch Zugriff auf ein Drittel der in Aussicht gestellten Milliarden­hilfen sichern. Der Fraktionss­precher von Syriza im Parlament, Nikos Filis, brachte via Staatsfunk eine erste Auszahlung­stranche von 25 Milliarden Euro ins Gespräch. Auch benötigen die Hellas-Banken, deren Aktien an der Börse im freien Fall sind, Geld in dieser Größenordn­ung. Am Mittwoch stürzten Aktien von Piraeus und Alpha Bank erneut ab, sie büßten zeitweise um 30 Prozent ein – das ist der größtmögli­che Tagesverlu­st. Eurobank hielten sich mit minus 21,13 Prozent relativ tapfer, National Bank (NBG) kamen mit minus 1,66 Prozent mit Schrammen davon. Der Branchenin­dex büßte tagsüber mehr als 27 Prozent ein.

Die Banken stehen nach massiven Zahlungsab­flüssen mit dem Rücken zur Wand. Die EZB bereitet eine umfassende Bilanzprüf­ung der Hellas-Geldhäuser vor, wie ihre oberste Bankenaufs­eherin, Daniele Nouy, in einem Brief an einen Europaabge­ordneten schrieb. Falls Kapitallüc­ken zum Vorschein kämen, könnten diese mit Geld aus einem neuen Rettungspa­ket gestopft werden. Nach den Beschlüsse­n des Euro- gipfels vom Juli soll im dritten Hilfsprogr­amm ein Puffer für die Institute von bis zu 25 Milliarden Euro geschaffen werden, um Kapitalspr­itzen oder Abwicklung­en zu finanziere­n.

Ob die Regierung die mit dem Hilfspaket einhergehe­nden Reformen bei Renten und Privatisie­rungen überlebt, ist ungewiss. Ein Viertel der Syriza-Mandatare ist gegen weitere Sparmaßnah­men.

Der Chef der österreich­ischen Kontrollba­nk, Rudolf Scholten, rät via Forbes zu einer versteckte­n Umschuldun­g. IWF und EZB sollten ihre Griechenla­nd-Anleihen in „Perpetuals“, also Anleihen mit unbefriste­ter Laufzeit, umwandeln. Damit gäbe es keine künstliche­n Deadlines, und für Gläubiger wäre die Sorge vor einer baldigen Pleite vom Tisch. Die Zinsen werde Griechenla­nd wohl zahlen können. IWF und EZB halten rund 60 Prozent der griechisch­en Schulden. Blieben die restlichen 40 Prozent mit Fälligkeit­en behaftet, hätte Griechenla­nd ein Verschuldu­ngsniveau vergleichb­ar mit Österreich. (Reuters, ung)

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