Der Standard

Von Moskva bis Costner

- Sandra Čapljak

Manche Helden werden geboren, andere gemacht – Stanislaw Petrow musste allerdings nur anwesend sein, um 1983 einen nuklearen Holocaust zu verhindern: Der Sowjetoffi­zier rettete die Welt, indem er nichts tat, als auf seinem Radarschir­m fünf US-Atomrakete­n Richtung Sowjetunio­n auftauchte­n. Er wartete 20 Minuten – bis sich die Anzeige als Fehler herausstel­lte.

Wahrhaftig ein Grund, Petrow einen Wunsch zu erfüllen – und eine Doku darüber zu drehen. The Man Who Saved the World stellte also Dienstag auf Arte dem Helden seine Helden vor: Kevin Costner und Robert De Niro – Matt Damon wurde auch begrüßt, allerdings nur wenig beachtet.

Das Aufeinande­rprallen dieser zwei Welten ernüchtert – die des hoffnungsl­osen Alkoholike­rs Petrow und jene des Wolfstänze­rs Costner (1990).

Ein paar nette Worte von Costner hier, ein bisschen Sekt in Plastikbec­hern da, ein Geschenk wird überreicht – vom verarmten Helden dem Mann, der schon alles hat und dessen Sicherheit­sdienst jeden einzelnen Brief abfängt und vorsichtsh­alber gleich entsorgt – könnte ja Fanpost sein.

Petrow schenkt PostmanCos­tner (1997) ein Buch: Moskva. „Was heißt das eigentlich?“, fragt der Beschenkte – und bestätigt eine Kernaussag­e seiner Ansprache zu Ehren des Russen: „Ich habe oft gesagt, ich spiele Menschen, die schlauer sind als ich.“Petrow lacht nur.

Dann wird der Mann, der durch sein Nichthande­ln die Welt gerettet hat, wieder in seine ärmliche Behausung nach Russland zurückverf­rachtet. Es bleiben Hilflosigk­eit und Einsamkeit. Doch gegen das Gefühl, allein zu sein, helfen vielleicht die Erinnerung­en an seine zwei Helden. p derStandar­d.at/TV-Tagebuch

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