Asyl: Heer will helfen
Beamtengespräche über Assistenzeinsatz
Wien – Es wäre das erste Mal, dass das Bundesheer bei der Flüchtlingsbetreuung um Assistenz ersucht würde: Am Donnerstag verhandelten Innen- und Verteidigungsministerium auf Beamtenebene über den von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ins Spiel gebrachten Hilfseinsatz im Asylwesen. Laut Innenministerium sollen Heeresangehörige zum Beispiel bei Transporten von Flüchtlingen und bei deren Verpflegung mitmachen. Sie sollen damit die Polizei entlasten. Zuletzt hatte es Proteste der Polizeigewerkschaft wegen Überlastung gegeben.
Im Flüchtlingslager Traiskirchen fand die angekündigte Prüfung durch die Menschenrechtsorganisation Amnesty statt. Einen Erstbericht soll es in ungefähr einer Woche geben.
Traiskirchen – Die Sonne brennt vom Himmel. Die Straßen sind nahezu leer; nur ab und zu fährt ein Auto vorbei. Traiskirchen in Niederösterreich ist eine verschlafene Kleinstadt. Erst wenn man sich dem Zentrum für Flüchtlinge nähert, wird es lebendiger. In den Nebengassen verteilen Einheimische Spenden aus dem Kofferraum an Asylwerber.
So auch Barbara Millonig, die über eine Facebook-Gruppe Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel, Babynahrung und Milchpulver sammelt und verteilt. Durch den Zaun erkundigt sie sich bei den Asylwerbern, was benötigt wird, und sammelt ein, was nicht gebraucht wird. Für sie sei das Lager „der lebendigste Ort Österreichs“.
Tatsächlich ist die Gegend um das Asylwerberheim – in dem derzeit rund 4100 Menschen wohnen, die Hälfte davon im Freien ohne Bett – nicht vergleichbar mit dem verschlafenen Rest der Stadt. Flüchtlinge sitzen in den Schanigärten der Cafés oder stehen am Gehsteig, plaudern, telefonieren. Eine Spendenaktion findet auch vor dem Eingang des Lagers statt. Zwischen den bunten Zelten auf dem abgezäunten Gelände schauen Flüchtlinge ihren Kindern beim Spielen zu. Andere schlafen. Sie alle warten – viel mehr ist für sie nicht zu tun. Ein freundliches Lächeln oder Hallo kommt vielen über die Lippen. Man kommt rasch ins Gespräch. „Österreicher sind so nett“, sagen einige Leute.
Fragt man genauer nach, wird klar, dass nicht alles rund läuft. Die Menschen, die sich freuen, dass jemand mit ihnen plaudert, wirken müde, erschöpft. Einer hat blutunterlaufene Augen; er habe starke Kopfschmerzen.
Sie erzählen, dass sie abends drei Stunden anstehen, um Essen zu bekommen, dass sie Wochen oder Monate auf Arzttermine warten, dass sie sich erkälten, weil es nachts kalt und tagsüber heiß ist.
Schlafen am Straßenrand
Viele von jenen, die im Freien wohnen, sind durstig. Niemand hat sie informiert, dass sie das Leitungswasser, das auf dem Gelände verfügbar ist, in Österreich sorglos trinken können. Keiner hat ihnen gesagt, dass die Insekten oder Schlangen, die sie im Gras sehen, nicht giftig sind. Sie befürchten, dass die Gelsen Krankheiten übertragen.
Einige erzählen, dass sie auf der Straße schlafen. Sie werden nicht mehr ins Lager gelassen, wissen aber nicht, warum. „Mir macht es ja nichts, aber ich habe Familien mit Babys auf der Straße schlafen sehen“, sagt ein junger Mann.
Halwest M. hat eine Erklärung: Die Poststellen im Lager seien überlastet. Briefe kämen bei den Bewohnern nicht an. So erfahren sie nicht, wenn sie in ein Länder- quartier überstellt werden sollen. Sie werden aus Traiskirchen abgemeldet und landen dann – oft ohne zu wissen, warum – auf der Straße. Andere werden aus der Grundversorgung abgemeldet, weil sie die tägliche Anwesenheitskontrolle verpassen.
„Informationen kommen bei den Flüchtlingen nicht an. Das ist ein Kardinalproblem“, sagt Herbert Langthaler von der Asylkoordination. Im Innenministerium heißt es dazu: „Es ist organisatorisch durchaus möglich, dass alle Bewohner ihre Post bekommen.“20 Prozent aller Asylantragsteller seien später nicht mehr auffindbar, weil sie weiterziehen. Abmeldungen seien deshalb notwendig.