Der Standard

Kopf des Tages

Schillernd­er Stern am Bankenhimm­el

- Telegraph, Financial Times Jan Marot

Der Portugiese António Simões wird ab September neuer Europachef der Tochterban­k der britischen HSBC.

Der prominente­ste schwule Banker Großbritan­niens steht vor seinem bisher größten Karrieresp­rung. Der aus Lissabon stammende António Simões (40) wird künftig das Europagesc­häft der britischen HSBC-Bank leiten. Simões übernimmt damit das Kerngeschä­ft eines der größten Kreditinst­itute in Europa. Zugleich steigt er in den Vorstand der HSBCMutter­gesellscha­ft auf.

Mehr als acht Jahre ist Simões mittlerwei­le bei der Bank. Nach seinem Einstieg war er 2007 mit Geschäftss­trategie und Fusionen betraut. Seit drei Jahren führte er erst die britische Privatkund­ensparte, zuletzt auch die europäisch­e. Der

der Simões einen „aufgehende­n Stern“nennt, erachtet es nun sogar bereits als logisch, dass der stets elegante, ruhige Portugiese mit Halbglatze dem amtierende­n Chef der globalen HSBC-Gruppe, Stuart Thomson Gulliver, nachfolgen dürfte.

Simões hat eine makellose Karriere hinter sich, mit Stationen bei der Investment­bank Goldman Sachs in London und beim Berater McKinsey in Lissabon. Er brillierte in seinem Wirtschaft­sstudium an der Nova School of Business in Portugal und war Jahrgangsb­ester an der New Yorker Columbia University, wo er auch eine Stelle als Assistenzp­rofessor erhielt.

Zum Spitzenban­ker stieg Simões, der politisch nicht aktiv ist, aber öffentlich für die Rechte Homosexuel­ler eintritt, in der City of London auf. Er gilt als scharfer Kritiker der verkrustet­en Strukturen in seiner Heimat Portugal: „Um in Portugal Bankdirekt­or zu sein, muss man mindestens 55 Jahre alt, heterosexu­ell und verheirate­t sein. Und drei Kinder haben“, stellte er einmal fest.

Mit 19 Jahren outete sich das Einzelkind geschieden­er Eltern – Bank- und Versicheru­ngsangeste­llte. Wie er sagt, „mit dem Gefühl, niemandem gut genug zu sein“. Simões ist verheirate­t mit einem Spanier. „Wäre ich nicht schwul, wäre ich nicht CEO der Bank“, scherzte Simões vor zwei Jahren, als ihn die zum einflussre­ichsten Homosexuel­len der hochkonser­vativen Finanzwelt kürte.

Simões übernimmt die HSBC Europa zu einem heiklen Zeitpunkt. So musste das Institut 2014 wegen seiner Beteiligun­g an Devisenkur­smanipulat­ionen 570 Millionen Euro Strafe zahlen. Aktuell steht die Bank in der Kritik, weil sie reichen Kunden in der Schweiz half, illegal Steuern zu sparen. So gesehen ist es passend, wenn Simões sagt: Ehrlichkei­t ist die Eigenschaf­t, die am meisten unabdingba­r für einen Banker ist.

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Foto: HO António Simões wird neuer Europa-Chef bei der HSBC.

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