Ziel: „Relevanter Player in Deutschland“
Niko Pelinka wurde mit 25 Manager einer der großen Werbeholdings im Land. Er will mit Österreichs Bossen vom Silicon Valley lernen. Und in Deutschlands Kommunikationsbranche ordentlich Geschäft machen.
INTERVIEW:
Wien – Er war mit 20 Pressesprecher der Unterrichtsministerin, mit 23 leitete er den SPÖ-Freundeskreis im ORF-Aufsichtsrat und organisierte dort die Wiederwahl von Alexander Wrabetz zum ORFGeneral mit. Als der Sozialdemokrat gleich danach Ende 2011 Wrabetz’ Büroleiter werden sollte, rebellierten die ORF-Redakteure.
Wenn die ORF-Bewerbung ein Fehler war, sagt Niko Pelinka heute, dann hat er a) daraus gelernt, und der Fehler hat sich b) gelohnt. Pelinka, 28, managt seit gut drei Jahren die Werbeholding von Rudi Kobza, eine der großen im Land mit Lowe GGK, McCann und FCB, beteiligt am Bundesländersenderzusammenschluss R9 und Biber.
Pelinka hat mit Beraterin Eveline Steinberger-Kern, der Frau des ÖBB-Chefs, Digitalinvestor Markus Wagner und Kobza den „Innovation Club“für den Austausch österreichischer Manager mit dem Silicon Valley gegründet, übrigens als GmbH.
Niko Pelinka hat dieses Interview auf dem Rückflug von Schanghai autorisiert – ein Campus von sechs der Londoner Hult Internatinonal Business School, an der er gerade ein Executive MBA absolviert. Standard: Sie waren zuletzt mit einer Reisegruppe Ihres Clubs – mit ORF-Chef Alexander Wrabetz und W24-Chef Marcin Kotlowski – im Silicon Valley bei Google, Facebook und Co. Was kann die Kommunikationsbranche da lernen? Pelinka: Jede Branche kann etwas lernen. Alle zwei, drei Jahre verändert sich diese Welt grundlegend. Man kann die Richtung besser erahnen, wenn man sich im Silicon Valley umsieht. Und: Man kann von dort einen positiven Zugang zu diesem Wandel mitnehmen. In Europa ist die Grundhaltung zu Veränderung eher Verunsicherung und pessimistisch. Im Valley diskutiert man Ideen nicht lange, wägt nicht so lange Gefahren und Möglichkeiten ab – sondern geht mit der Idee sehr schnell zum Kunden.
Standard: Was nimmt man für die Werbung mit – als Werbeholdingmanager? Pelinka: Wir gründen alle ein bis zwei Jahre neue Agenturen oder Dienstleister – weil es Spezialistentum braucht für die sich ständig verändernde Kommunikationsbranche. Mit klassischen Überlegungen komme ich zum Beispiel in der digitalen Bewegtbildwelt nicht unbedingt weiter.
Standard: Sie haben dafür die Youtube-Agentur Diego 5 gegründet. Verdient man mit Youtube-Stars? Pelinka: Im Moment: nein. Das ist ein mittel- bis langfristig angelegtes Projekt, wir sind Österreichs erstes Multichannel-Network und seit kurzem Youtube-Partner. Diese Künstler haben eine nicht zu unterschätzende Relevanz aufgebaut – aufgrund ihrer Nutzerzahlen, aber auch aufgrund ihrer Deutungshoheit in bestimmten Zielgruppen. Jetzt geht es darum, in zu sein, und andererseits, sie für gemeinsame, sinnstiftende Projekte mit der werbetreibenden Wirtschaft zusammenzubringen.
Standard: Schon eine Idee für den nächsten Wachstumsschritt der Werbeholding? Pelinka: Deutschland könnte eine spannende Perspektive ein. Diego 5 hat bereits eine Niederlassung in Berlin – und erste große und spannende Kunden aus Deutschland. Auch weil wir hier mit Sandra Thier eine Partnerin an Bord haben, die Deutschland nach zehn Jahren RTL-2-Nachrichten gut kennt. Standard: Und die Deutschland-Pläne? Pelinka: Unser Ziel in Deutschland ist, als relevanter Player in den Kommunikationsdienstleistungen wahrgenommen zu werden und Erfolg zu haben. Wir planen unsere Gruppe in die Richtung, dass wir Dienstleistungen auch nach Deutschland transferieren können.
weiteren
Standard: Sie scheinen nicht sehr zu bereuen, dass Sie 2011/12 nicht ins ORF-Generalsbüro kamen. War der Protest der ORF-Redakteure sogar ein Glücksfall? Pelinka: Auf der persönlichen Ebene – von pekuniär bis Lebensqualität – kann ich das nur voll unterstreichen. Und auf der Erfahrungsebene: Wenn meine Bewerbung damals ein Fehler war – dann habe ich daraus einiges gelernt und, ich glaube auch, bin dadurch gewachsen. Insofern hat sich’s ausgezahlt. Auch hier gilt das Valley-Prinzip: Man muss den Mut haben, Dinge auszuprobieren – manche funktionieren, manche nicht. Und ich bin froh, nun in anderen Welten als der direkt politischen spannende Erfahrungen sammeln zu können.
Standard: Und der politische ORF ist kein Thema mehr für Sie? Pelinka: Null. Das habe ich völlig abgeschlossen. Der ORF war ein spannender Grenzbereich zwischen Politik und Wirtschaft. Aber die Welt ist groß und spannend, und es gibt viele interessante Aufgaben auf dieser Welt. Standard: Aber die Agenturen der Kobza-Holding sind doch durchaus gut im politiknahen Geschäft – der Rechnungshof kritisierte zuletzt etwa Verkehrssicherheitskampagnen des Infrastrukturministeriums. Pelinka: Ich schätze, wir machen nicht einmal 20 Prozent unseres Umsatzes mit öffentlichen Institutionen und öffentlichkeitsnahen Firmen. Wenn ich mir den Anteil der öffentlichen Hand an der kommerziellen Kommunikation in Österreich ansehe – dann ist unser Anteil unterproportional. Strategisch stehen sie nicht im Fokus. p Mehr: derStandard.at/Etat
Wir machen nicht einmal 20 Prozent unseres Umsatzes mit öffentlichen Institutionen und Firmen.