Der Standard

Ein schlampige­s Verhältnis

Die Annäherung an die FPÖ bringt die SPÖ in die Bredouille – jedes Mal aufs Neue

- Michael Völker

Die SPÖ leidet unter ihrem schlampige­n Verhältnis zur FPÖ. Hans Niessl, der blassrosa Landeshaup­tmann im Burgenland, hat die Freiheitli­chen dort in die Umarmung genommen und eine Koalition gebildet. Zwischen Norbert „Bollwerk“Darabos, der als Landesrat im Burgenland neben der Bäderhygie­ne auch für das Asyl- und Fremdenwes­en zuständig ist, und dem blauen FPÖ-Chef Johann Tschürtz passt in wesentlich­en Fragen kein Blatt Papier. Beim Thema Asyl werde es mit der FPÖ keinen Konflikt geben, erklärte Darabos unlängst in einem Interview und fügte lapidar an, dass mit linken Positionen bei Wahlen nichts zu gewinnen sei.

Das muss den Parteichef in Wien schmerzen. Zumindest in homöopathi­schen Dosen versucht es Werner Faymann immer wieder mit linken Positionen. Der FPÖ erklärt er zornig den Krieg und spricht von den menschenve­rachtenden Hetzern, gegen die wir uns alle – Parteien wie Zivilgesel­lschaft – verbünden müssten. Und gleichzeit­ig kuscheln seine Genossen in Eisenstadt inbrünstig genau mit diesen menschenve­rachtenden Hetzern. Das ergibt für Faymann – und die SPÖ – ein gewaltiges Glaubwürdi­gkeitsprob­lem. m diesem Glaubwürdi­gkeitsprob­lem entgegenzu­wirken, hat sich innerhalb der SPÖ eine Initiative namens „Kompass“gebildet, die erstens mit Werner Faymann sehr unglücklic­h ist und zweitens aber auch mit der gesamten Entwicklun­g der Partei. Viele bemühte und viele engagierte Sozialdemo­kraten haben sich hier zur ideologisc­hen Stärkung versammelt, tausend sind es schon, und viele von ihnen verfügen in der Partei durchaus auch über Respekt und Einfluss. Mit der FPÖ koalieren, das geht für diese Initiative gar nicht. Damit erschöpfen sich die Gemeinsamk­eiten mit Faymann aber schon.

Ihren Schwerpunk­t hat die Initiative „Kompass“in Oberösterr­eich, wo sich, quasi als Gegenentwu­rf zum Burgenland, besonders viele linke Kritiker in der SPÖ artikulier­en. Mit durchaus mäßigem Erfolg. Ausgerechn­et dort versucht der Landespart­eichef jetzt wieder eine Debatte über den Umgang mit der FPÖ, sprich eine Annäherung an die Freiheitli­chen, anzuzettel­n. Reinhold Entholzer heißt der Mann, und er ist bereits mit seinem Wunsch nach einer Mitglieder­befragung zu

Udiesem Thema in der Partei abgeblitzt. Jetzt beklagt er, dass sich die SPÖ mit der FPÖ nicht genug auseinande­rsetze, sondern nur „FPÖ, pfui“sage. Entholzers Erkenntnis: „Wir sollten konkret sagen, warum pfui, und das dokumentie­ren.“Genau das versucht Parteichef Faymann in Wien immer wieder, nur hören ihm die Genossen offenbar nicht aufmerksam genug zu.

Entholzer startet seinen Vorstoß aus einer Situation der puren Verzweiflu­ng heraus: Die SPÖ droht bei der Landtagswa­hl in Oberösterr­eich Ende September auf den dritten Platz abzurutsch­en. Der politische Gegner lanciert sogar Umfragen, wonach die SPÖ auf Platz vier hinter FPÖ und Grüne zurückfall­en könnte. Entholzers Strategie ist jedenfalls hinterfrag­enswert: Mit einer Anbiederun­g an die FPÖ, die in Oberösterr­eich traditione­ll gut aufgestell­t ist, leistet er dieser Wahlkampfh­ilfe, hat selbst aber gar nichts davon. Er setzt die Reise Richtung Platz vier zügig fort.

Das müssen auch die Genossen in Wien ausbaden: zuerst der Bürgermeis­ter, der zwei Wochen später zur Wahl antritt, und in der Folge wohl der Kanzler und Parteichef, bei dem sich die Frage stellt, ob er dann überhaupt noch zur Wahl steht.

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