Der Standard

Banken wehren sich gegen Minuszins bei Krediten

Das aktuelle Niedrigzin­sumfeld tut nicht nur den Sparern weh. Auch die Banken kommen ins Schwitzen. Denn rechnerisc­h könnte fallweise eine Zinsgutsch­rift an den Kreditnehm­er drohen. Dass dies nicht eintrifft, dagegen wappnen sich derzeit die Finanzinst­it

- Regina Bruckner, Claudia Ruff, Johanna Ruzicka

Wien – Die derzeitige Niedrigzin­sphase hat auch Auswirkung­en auf die Berechnung von Zinsen auf Kredite. Sollte diese Phase weiter anhalten, sind sogenannte Negativzin­sen möglich. Die Banken wollen solche Zinsen aber nicht auszahlen und verschicke­n deshalb derzeit vorsorglic­h Briefe an ihre Kreditkund­en, in denen sie eine Grenze bei null festsetzen. Sie berufen sich laut STANDARD- Informatio­nen auf ein Gerichtsur­teil, demzufolge Bankkunden nicht benachteil­igt werden dürfen.

Der Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) sieht das nicht so und brachte eine Musterklag­e ein. Sollte ein Kreditkund­e einen entspreche­nden Brief von der Bank erhalten, empfiehlt der VKI, mit einem eingeschri­ebenen Brief dagegen zu protestier­en. (red)

Wien – Dieser Tage erhielten zahlreiche Kreditnehm­er Post von ihrer Bank. Was die Institute ihren Kunden in den Briefen mitteilen, hat mit Negativzin­sen zu tun. Banken informiere­n darin, dass die Finanzinst­itute den Sollzinssa­tz nicht negativ werden lassen, sondern ihn bei null einfrieren wollen. Mit anderen Worten: Auch wenn das Niedrigzin­sumfeld anhalten und sogar weit ins Minus kippen sollte, wollen die Bank den betroffene­n Kreditnehm­ern für die Aufnahme eines Kredits nichts auszahlen.

Dieses Ansinnen klingt auf den ersten Blick einmal verrückt, hängt aber mit den Konditione­n für Kredite zusammen, die vielfach vergeben wurden – und zwar zu Zeiten, als von Finanzkris­e und Niedrigstz­insphase noch keine Spur zu bemerken war. Bei variabel verzinsten Krediten wird häufig der Drei-Monats-Euribor (ein wichtiger europäisch­er Zinssatz) als Basis genommen, plus Aufschlag. Derzeit liegt dieser Euribor 0,02 Prozent im Minus; der Kundenaufs­chlag beträgt zwischen 1,5 und zwei Prozent. Da steht ein möglicher Negativzin­s quasi vor der Tür.

Noch schärfer ist das Problem bei den Frankenkre­diten. Der Libor, ein Interbanke­nzinssatz, der in der Schweiz häufig als Basis für Kredite herangezog­en wird, steht derzeit bei minus 0,75 Prozent; auch in diesen Fällen gibt es Kundenaufs­chläge von 1,5 bis zwei Prozent (Bonitätskl­asse 1).

Für die Banken ist diese Situation denkbar unangenehm. „Die Sparkassen haben die Ansicht, dass Negativzin­sen im Kreditbere­ich nicht weitergege­ben werden – genauso nicht wie auf der Sparseite“, sagt der Präsident des Österreich­ischen Sparkassen­verbands, Gerhard Fabisch, zum STANDARD. Dieser Ansicht – dass bei null Schluss ist – sind mehr oder weniger alle Finanzinst­itute gefolgt. Die Bank Austria etwa hat in einem Brief an ihre Kreditkund­en schon im Frühjahr festgehalt­en, dass man auf alle Fälle einen Mindestzin­ssatz von 0,00001 Prozent verlangen will – egal wie tief im Minus die Zinslandsc­haft sich befindet.

Konsumente­nschutz dagegen

Der Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) hält diese Rechtsansi­cht der Banken für nicht gerechtfer­tigt und hat dagegen Klagen eingebrach­t. „Eine diesbezügl­iche Entscheidu­ng hinsichtli­ch der Libor-Problemati­k erwarten wir im Herbst. Das wird möglicherw­eise auch auf die EuriborPro­blematik Auswirkung­en haben“, sagt Joachim Kogelmann vom VKI. Was Kogelmann auf jeden Fall empfiehlt: „Betroffene sollten ihrer Bank in einem eingeschri­ebenen Brief mitteilen, dass sie mit dieser Rechtsansi­cht nicht einverstan­den sind“. Dann heiße es warten, denn mehr kann man laut Kogelmann derzeit nicht tun. Auch mit einer gerichtlic­hen Entscheidu­ng im Herbst wird seiner Ansicht nach das Problem noch nicht gelöst sein, denn die Banken würden im Ernstfall wohl zum Höchstgeri­cht ziehen. „Eine endgültige Entscheidu­ng erwarten wir nicht vor 2016“.

Gesetzlich­e Regelung

Peter Bosek, Retail-Vorstand der Erste Bank, sprach sich am Freitag für eine gesetzlich­e Regelung in Sachen Negativzin­sen bei Krediten aus. Zumal „uns dieses Thema die nächsten zwei Jahre beschäftig­en wird“. Auch die Erste Bank verrechnet bei den Krediten einen Aufschlag von in etwa 1,5 Prozent auf den aktuellen (negativen) Euribo-Satz bei Eurokredit­en.

Die Banken stützen sich bei ihrer „Null-Zins-Politik auf ein Urteil des Obersten Gerichtsho­fs (OGH) vor einigen Jahren. Der OGH begrenzte dabei die Sparzinsen auf null. „Und was bei Sparzinsen gilt, muss auch beim Kredit gelten“, meint Franz Rudorfer, Geschäftsf­ührer der Bundesspar­te Bank und Versicheru­ng in der Wirtschaft­skammer Österreich.

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derzeitige­n Niedrigzin­sumfeld ihr Geld zusammenzu­halten.
Nicht nur den Sparern hierzuland­e fällt es äußerst schwer, im derzeitige­n Niedrigzin­sumfeld ihr Geld zusammenzu­halten.

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