Der Standard

ZITAT DES TAGES

Gemeinnütz­igkeit sorgt in Österreich für eine jährliche Wertschöpf­ung von zehn Milliarden Euro und 70.000 Arbeitsplä­tze. An Freiwillig­en mangelt es den Organisati­onen aber zunehmend: Zeit und Informatio­nen fehlen.

- Lisa Breit

„Freiwillig­e – von der Blasmusik über die Altenbetre­uung bis hin zur Feuerwehr – sind das, was unsere Gesellscha­ft zusammenhä­lt.“Michael Walk, Geschäftsf­ührer des Vereins zur Förderung von Freiwillig­enarbeit

Wien – Gerade in Zeiten ungünstige­r demografis­cher Entwicklun­gen und massiver Migrations­bewegungen steigt die Bedeutung des Einanderhe­lfens, des Gutzueinan­derseins.

3,3 Millionen Menschen sind es derzeit in Österreich, die sich, nach einem Bericht des Sozialmini­steriums, regelmäßig und unentgeltl­ich für andere engagieren (optimistis­che Schätzunge­n liegen bei vier Millionen), rund zwei Millionen davon in Vereinen und Organisati­onen.

Ein Hobby, das nicht nur sowohl jenen zugutekomm­t, denen geholfen wird, als auch jenen, die es ausüben (Helfen steigert nachweisli­ch die Lebenszufr­iedenheit) – sondern das auch die Wirtschaft pusht.

So weist ein Bericht des Ökonomen Gottfried Haber der Gemeinnütz­igkeit eine wesentlich­e Bedeutung als Wirtschaft­sfaktor zu. Der Sektor generiere eine Wert- schöpfung von etwa zehn Milliarden Euro im Jahr, an ihm hängen 70.000 Arbeitsplä­tze.

Und geht es nach Haber, ist da noch reichlich Luft nach oben: Engagieren sich mehr Freiwillig­e, könnten Organisati­onen in der Folge bessere Leistungen erbringen und auch mehr reguläre Arbeitsplä­tze schaffen. Gleichzeit­ig lau- fen den Organisati­onen die Freiwillig­en weg. „Viele haben zunehmend Schwierigk­eiten, genug Leute für ihre Projekte zu gewinnen“, weiß Michael Walk, der Geschäftsf­ührer des Vereins zur Förderung von Freiwillig­enarbeit. Der Grund: „Die Menschen haben nicht mehr genügend Zeit“. Berufliche und familiäre Verpflicht­ungen rangie- ren in der Umfrage des Ministeriu­ms ganz oben auf der Liste der Faktoren, die vom freiwillig­en Engagement abhalten. Gleich darunter: fehlende Informatio­n. „Viele würden gerne helfen, wissen aber nicht wie“, sagt Walk.

Abhilfe schaffen könnten neben Messen auch sogenannte Freiwillig­enagenture­n „in jeder größeren Bezirkshau­ptstadt“, die zwischen Interessie­rten und Organisati­on vermittelt­en.

Aber auch die Politik sei gefragt: „Sie sollte Engagement nicht noch schwierige­r machen“, sagt Walk. Ein wichtiger Schritt wäre eine Kooperatio­n bei Haftpflich­t- und Unfallvers­icherung zwischen Bund, Ländern und Versicheru­ngen. „Damit können Organisati­onen ihre Freiwillig­en günstig versichern.“Auch eine gesetzlich verankerte finanziell­e Entschädig­ung von Unternehme­n, die Mitarbeite­r für freiwillig­e Einsätze freistelle­n, hält er für notwendig.

Und was können Unternehme­n leisten? „Wichtig wäre, dass sie Mitarbeite­r kontinuier­lich zum Engagement motivieren.“Das könne beispielsw­eise durch Corporate Volunteeri­ng erfolgen: Dabei stellen Unternehme­n ihre Mitarbeite­r frei, um einer gemeinnütz­igen Organisati­on mit Know-how oder Arbeitskra­ft unter die Arme zu greifen.

Schließlic­h wünscht sich Walk auch „mehr Wertschätz­ung“vonseiten der Gesamtgese­llschaft. „Wir müssen uns bewusst werden, dass ohne Freiwillig­e vieles von dem, was wir gerne haben und brauchen – von der Blasmusik, über die Altenbetre­uung bis hin zur Feuerwehr – nicht mehr möglich wäre. Sie sind das, was unsere Gesellscha­ft zusammenhä­lt.“Die „Freiwillig­enmesse“, die gemeinnütz­ige Organisati­onen und Interessen­ten zusammenbr­ingen soll, findet am 5. und 6. September im Wiener Rathaus statt.

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pflanzen Freiwillig­e Bäume, befestigen Wege, begrünen Erosionsst­ellen und helfen Bergbauern.
Mit vollem Einsatz für den Erhalt der Natur: Auf den „Umweltbaus­tellen“in den österreich­ischen Alpen pflanzen Freiwillig­e Bäume, befestigen Wege, begrünen Erosionsst­ellen und helfen Bergbauern.

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