Oman steigt in Syrien-Diplomatie ein
Zum ersten Mal seit dem Ausbruch des Aufstands in Syrien ist der syrische Außenminister Walid al-Muallem in einem arabischen Golfland zu Gast. Der Oman versucht sich einmal mehr in seiner klassischen Mittlerrolle.
ANALYSE: Maskat/Wien – Anzeichen, dass hinter den Kulissen die SyrienDiplomatie in Bewegung kommt – der STANDARD berichtete – gab es bereits länger, der erste klar sichtbare Beweis war der Besuch des syrischen Außenministers Walid al-Muallem bei seinem omanischen Amtskollegen Yussuf bin Alawi in Maskat am Donnerstag: Es sei Zeit, eine Lösung für Syrien zu suchen. Das Sultanat geht zwar innerhalb des Golfkooperationsrats (GCC: Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Vereinigte Arabische Emirate, Katar, Oman) immer schon seine eigenen Wege, aber man kann davon ausgehen, dass die omanische Einladung an die Syrer innerhalb der arabischen Golfstaaten abgesprochen war.
Der Oman hat als einziges GCCLand die diplomatischen Beziehungen zu Syrien nach Ausbruch des Aufstands gegen das AssadRegime nicht abgebrochen – so wie es sich auch nicht, anders als die anderen fünf, der Operation „Decisive Storm“gegen die zaiditisch-schiitischen Huthis und Expräsident Ali Abdullah Saleh im Jemen angeschlossen hat.
US-iranische Gespräche
Im Jemen-Konflikt versuchte der Oman bereits zu vermitteln, bezüglich Syrien war bisher nichts bekannt. Der Oman, dessen Herrscher Sultan Qabus schwer krank ist – und sein Nachfolger unbekannt –, war auch der Austragungsort der amerikanisch-iranischen Gespräche, die zu den Atomverhandlungen im Herbst 2013 führten. Und der Oman leistet auch immer wieder entscheidende Vermittlerdienste bei Entführungen im Jemen, zuletzt bei der Französin Isabelle Prime, die erst am Freitag freikam. Auch Ös- terreich konnte bereits davon profitieren, beim Fall des Ende 2012 in Sanaa entführten Sprachstudenten, der im Mai 2013 freikam.
Am 3. August fand in Doha ein GCC-Außenminister-Gipfel statt, bei dem auch die Außenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lawrow, zugegen waren. Moskau versucht, die arabischen Golfstaaten zu einer Zusammenarbeit mit Syrien bei der Bekämpfung des „Islamischen Staats“zu bewegen, und es soll bereits saudisch-syrische Geheimdiensttreffen gegeben haben.
Zur russischen Initiative gehört auch der Versuch, den großen Oppositionsdachverband „Nationale Koalition der Revolutions- und Oppositionskräfte“, deren früherer Chef Moaz al-Khatib ebenfalls in Doha war, in Gespräche einzubinden. Als Resultat wird nun ein Treffen in Moskau geplant. Bisher akzeptierte die „Koalition“die Russen nicht als Vermittler, weil sie Assad zu nahe stehen.
Die USA verhalten sich abwartend, steuern aber nicht dagegen – und ein Zeichen, dass Moskau das positiv zur Kenntnis nimmt, ist, dass es sich im Uno-Sicherheitsrat in New York am Freitag nicht gegen eine Resolution sperrte, die die Aufklärung des Einsatzes vom Chlorgas in Syrien einleitet. Chlor ist zwar nicht als chemische Waffe kategorisiert – seine C-Waffen ließ Syrien abrüsten –, sein Einsatz ist jedoch verboten.
Muallem kam direkt von Teheran – wo auch der russische Vizeaußenminister Mikhail Bogdanov zugegen war – nach Maskat: Das heißt, auch der Iran, der seinen revidierten Syrien-Friedensplan neu vorlegt, will ins diplomatische Boot.
Gegen eine GCC-Integration
Die omanische Sonderrolle im Golfkooperationsrat äußert sich unter anderem darin, dass Maskat nicht einverstanden damit ist, den GCC zu einer noch engeren politischen und militärischen Union auszubauen. Damit verwehrt sich der Oman, der die Kontakte zum Iran stets aufrechterhielt, auch der saudischen Hegemonie im Golfkooperationsrat.
Das Thema wird nicht offen angesprochen, aber auch religiöse Unterschiede spielen mit: Im Oman überwiegt der ibaditische Islam, der wie alle anderen Varianten des Islam in den vergangenen Jahrzehnten unter wahhabitischen Druck geriet. Die Ibaditen haben ihre Wurzeln in einer dritten Richtung neben Sunna und Schia, der Kharijiya, die in der frühislamischen Zeit als sehr radikal auftrat. Die Bewegungen, die aus ihr hervorgingen, entwickelten sich jedoch völlig anders.
Ibaditische Minderheiten gibt es auch in Nordafrika, etwa in Algerien in der Region Ghardaia, in Mzab, wo es zuletzt zu – sozial bedingten – Ausschreitungen zwischen Arabern und ibaditischen Berbern kam. Prompt wurde der omanische Außenminister bin Alawi, der Ende Juli Algerien besuchte, von sunnitischen Islamisten beschuldigt, mit den Ibaditen in Ghardaia eine fünfte Kolonne schaffen zu wollen.