Irak: Strommangel bringt Regierung unter Druck
Proteste gegen chronische Versorgungsengpässe weiten sich auf weitere Themen aus
Bagdad – 50 Grad und mehr im Schatten: Anhaltende Probleme bei der Wasser- und Stromversorgung in weiten Teilen des Irak – sowohl im Süden als auch im Norden – haben in den vergangenen Tagen zu zahlreichen Protestkundgebungen geführt.
Der Zorn der Bevölkerung richtet sich vor allem gegen Ministerpräsident Haidar al-Abadi – und zwar in einem Ausmaß, dass der renommierte US-Thinktank Institute for the Study of War (ISW) bereits Auswirkungen auf die Stabilität von Abadis Regierung befürchtet. Diese steht bereits wegen der Bedrohung des Landes durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) stark unter Druck.
Weitere Probleme im Fokus
Die Probleme der Versorgung mit Wasser und Strom fallen in eine schwierige Phase der Verwaltungsreform des Staates. Ein entsprechendes Gesetz sieht mehr Macht und Kompetenzen weg von Bagdad hin zu den Provinzen vor. Die Proteste könnten dem ISW zufolge Abadis Probleme verschärfen, der einen Gutteil der staatlichen personellen und finanziel- len Ressourcen im Kampf gegen den IS einsetzen muss.
Noch fehlt es an Koordination zwischen einzelnen Akteuren, um von einer landesweiten Protestbewegung sprechen zu können. Doch in den Städten Maysan und Basra dehnten sich die Proteste bereits auf Themen wie Arbeitslosigkeit und Korruption aus.
Bisher zeigte sich Ministerpräsident Abadi in der Öffentlichkeit stets solidarisch mit den Kundgebungsteilnehmern, zu einem Rückgang der Proteste hat dies bisher aber nicht geführt – im Gegenteil: Für Freitag rechnete man mit weiteren Protesten. Wohl aus diesem Grund verfügte das irakische Innenministerium eine Order, der zufolge Protestkundgebungen ab sofort anzumelden seien. Die Regierung setzte auch zusätzliche Sicherheitskräfte in Bereitschaft.
Dauerhaftes Problem
Die Probleme mit Strom- und Wasserversorgung sind im Irak ein chronisches Problem – vor allem sind viele Zerstörungen aus den Kriegen der 1990er- und 2000erJahren noch nicht wieder behoben. Laut Regierungsangaben haben in den vergangenen 20 Jahren 35.000 Unternehmen auch wegen der schlechten Versorgungslage ihre Pforten schließen müssen.
Seit 2003 hat die Regierung nach Angaben von umgerechnet 34 Milliarden Euro in die Lösung der Probleme investiert. Weil sich bisher nur wenige Verbesserungen spüren lassen, werfen Demonstranten der Regierung Korruption vor. (gian, mesc)