Der Standard

Das Mädchen und die Schwimmsta­rs

Alzain Tareq ist eine talentiert­e Schwimmeri­n. So talentiert, dass sie für ihr Land Bahrain bei der WM in Kasan teilnimmt. Alzain ist zehn Jahre alt. Das sorgt für Aufsehen. Den Trubel um ihre Person steckt sie weg.

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Kasan – Dutzende Journalist­en gehen in die Hocke, zücken aufgeregt ihre Diktierger­äte und rangeln mit Ellbogenei­nsatz um die besten Plätze. Vor ihnen steht kein neuer Weltmeiste­r, sondern ein junges Mädchen. Zehn Jahre alt, 1,44 m klein, pinke Schwimmbri­lle, rote Trainingsj­acke. Alzain Tareq aus Bahrain spielt mit einer Wasserflas­che, eingeschüc­htert ist sie nicht. Ein bisschen genießt sie den Trubel sogar. „Ich bin so glücklich“, sagt Alzain: „Es war cool heute.“Sie spricht für ihr Alter sehr gutes Englisch. Mit Freude beantworte­t sie die immer gleichen Fragen der vielen Journalist­en. Das Rennen der mit zehn Jahren jüngsten Athletin der Schwimm-WM in Kasan über 50 m Delfin dauerte nur 41,13 Sekunden, ihr Gang durch die Interviewz­one eine halbe Stunde.

„Ich habe sie noch nicht gesehen, sie ist die ganze Zeit beim Fernsehen“, sagt Vater Juma Salem Tareq: „Ich will sie umarmen. Ich bin sehr stolz auf sie.“Seine Tochter beendete den Vorlauf als 64. und damit Letzte, mehr als 15 Sekunden hinter Weltmeiste­rin Sarah Sjöström. „Sie war ein bisschen nervös. Die Aufmerksam­keit war riesig“, sagt der Vater. Auch Tochter Alzain ärgert sich ein bisschen: „Ich hätte besser schwimmen können.“

Ehrgeizig

Alzain ist sehr ehrgeizig. Nachdem sie Bilder von sich und den Schwimmsta­rs Sjöström und Cate Campbell geschossen hatte, „kam sie zurück und sagte: ,Schau sie dir an, das sind meine Rivalinnen, die will ich in Zukunft schlagen‘“, erzählt ihr Vater: „Ich habe ihr gesagt: Wenn du so weit bist, dann werden sie nicht mehr da sein. Aber du kannst ihre Zeiten schlagen.“Juma Salem Tareq war früher selbst Schwimmer. Er betont, dass er keinerlei Druck auf sein Kind ausübe: „Ich war sehr, sehr besorgt wegen des Trubels. Aber sie steckt das alles weg.“

In Kasan darf sie bei den Großen mitschwimm­en, eine Altersbegr­enzung gibt der Weltverban­d Fina nicht vor. Bei Olympische­n Spielen gilt ein Alterslimi­t von 16 Jahren, es werden aber auch Ausnahmen gemacht. Franziska van Almsick, Deutschlan­ds ehemaliger Schwimmsta­r, war als 14-Jährige bei den Spielen 1992 in Barcelona, gewann dort zweimal Silber und zweimal Bronze. 14 Jahre sei ein gutes Alter für den ersten großen Wettkampf, sagt sie.

Der deutsche Bundestrai­ner Henning Lambertz hält eine Altersbegr­enzung dagegen für unnötig. „Wir quälen sie ja nicht oder bringen sie in extreme Dehnpositi­onen, bei denen der Körper zerreißt. Sie schwimmt einfach nur“, sagt er. Hätte er ein wirkliches Naturtalen­t in diesem Alter, „dann würde ich sie auch nicht zu Hause lassen“.

In Bahrain ist Alzain die schnellste Schwimmeri­n. Doch das reicht ihr nicht. „Ich will zu den Olympische­n Spielen, Tokio 2020 ist mein Ziel.“Dafür trainiert sie fünf Tage in der Woche. Die national größte Konkurrenz kommt aus der eigenen Familie. „Sie hat eine Schwester, die ist sieben Jahre alt“, verrät Vater Juma Salem: „Und der Trainer sagt, sie ist sogar noch schneller.“(sid, red)

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war 16 Sekunden schneller als sie. Aber Alzain hat noch Zeit.
Alzain Tareq nach ihrem 50-m-Delfin-Rennen. Die Weltmeiste­rin war 16 Sekunden schneller als sie. Aber Alzain hat noch Zeit.

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