Der Standard

„Nichts Schlimmere­s, als sich zu verkaufen“

Mit 25 beendete er seine Karriere als Fußballpro­fi. Jetzt, drei Jahre später, analysiert Peter Hackmair für den ORF die Bundesliga – mit Inspiratio­n von Mehmet Scholl und ohne Logos von Sportwette­nanbietern.

- Oliver Mark Breaking Bad

INTERVIEW:

STANDARD: In Österreich gibt es quasi mehr Fußballexp­erten als Einwohner. Ein heikles Terrain? Hackmair: Ja, aber auch besonders spannend. Deswegen habe ich erst die Möglichkei­t, im Fernsehen über Fußball zu reden. Das ermöglicht mir ja diesen Job als Experte. Bei sehr vielen Sportarten ist das ja nicht der Fall.

STANDARD: Wie waren die Reaktionen nach Ihrem ORF-Debüt? Hackmair: Sehr positiv. Ich habe irgendwann als Spieler aufgehört, in Foren zu stöbern, aber das Feedback aus meinem engeren Umfeld war sehr gut – intern aus dem ORF, aber auch von Freunden, Bekannten und Kritikern.

STANDARD: Gibt es Vorbilder unter den TV-Fußball-Experten? Hackmair: Ich möchte niemanden kopieren, hole mir aber Inspiratio­n von Mehmet Scholl (ARD-Experte und Ex-Fußballpro­fi, Anm.). Es ist schön, dass sich der Kreis schließt. Als Kind war er mein absoluter Lieblingss­pieler. Bei der Weltmeiste­rschaft hat er mir imponiert, weil er sehr authentisc­h und fachlich gut ist. Das möchte ich auch: authentisc­h bleiben.

STANDARD: Haben die Jahre als Profifußba­ller die finanziell­e Basis für die Freiheiten jetzt geschaffen? Hackmair: Ich konnte mir schon Geld auf die Seite legen, aber weit nicht so viel, dass man von ausgesorgt reden kann. Jetzt habe ich die finanziell­e Basis mit einer Eigentumsw­ohnung, die zum Großteil abbezahlt ist. Im Vergleich zu früher verdiene ich momentan rund ein Drittel bis maximal die Hälfte. Ich bin bescheiden­er geworden, mir geht nichts ab. Ich habe kein Auto, keinen Fernseher, habe meinen halben Besitz verkauft oder verschenkt und wohne mittlerwei­le auf 45 Quadratmet­ern statt 100. Mir fehlt nichts. Das macht die Freiheit aus.

STANDARD: Als TV-Analytiker haben Sie keinen Fernseher? Hackmair: Ich habe einen relativ großen Bildschirm und streame alles. Durchzappe­n möchte ich nicht mehr. Außer Fußball und der Serie gibt es bei mir derzeit kein TV.

STANDARD: Ein Computer gilt nicht als Rundfunkem­pfangsgerä­t. Sie könnten sich von der GIS-Gebühr abmelden? Hackmair: Ja, das habe ich kürzlich gehört. Ich zahle noch GIS-Gebühren, aber anscheinen­d zu Unrecht. Dann spare ich mir schon wieder 20 Euro im Monat (lacht).

STANDARD: Sponsorenl­ogos zieren die Kleider von TV-Experten. Bei Ihnen stand „Mut verändert“. Ist das Ihr Lebensmott­o? Hackmair: Das ist mein persönlich­er Slogan und mittlerwei­le auch Lebensmott­o. Ich möchte nur für ein Unternehme­n werben, zu dem ich stehe. Es gibt nichts Schlimmere­s, als sich zu verkaufen.

STANDARD: Welche Unternehme­n lehnen Sie ab? Sportwette­nanbieter? Hackmair: Genau, das Logo eines Wettanbiet­ers oder eines Glücksspie­lunternehm­ens würde ich mir zum Beispiel niemals draufpi- cken. Mir geht es nicht primär um das Geld, sondern um Identifika­tion mit einer Firma.

STANDARD: Sie waren 2007 mit dem U20-Nationalte­am WM-Vierter – mit Spielern wie Junuzovic oder Harnik, die sich wohl für die EM qualifizie­ren. Kommt Wehmut auf? Hackmair: Schon lange nicht mehr. Bei der WM war ich einer der Leistungst­räger. Mit Veli Kavlak hatte ich die meisten Bundesliga­spiele. Ein Jahr später, 2008, kam mit dem Kreuzbandr­iss die erste schwere Verletzung. Danach war es sehr schwierig, weil mich alle überholt, tolle Verträge unterschri­eben haben oder ins Ausland gegangen sind. Du sitzt im Reha-Zentrum. Damals habe ich gelernt, mit Neid umzugehen. Mittlerwei­le ist das kein Thema.

Das Logo eines Wettanbiet­ers

oder eines Glücksspie­lunternehm­ens würde ich mir niemals

draufpicke­n.

PETER HACKMAIR (28) bestritt 120 Bundesliga­spiele für Ried und Wacker Innsbruck. Seine Karriere beendete er 2012, um dann für 15 Monate auf Weltreise zu gehen. Derzeit ist er Autor („Träume verändern“, „Freigereis­t“), Blogger, Vortragend­er, Trainer und ORF-Analytiker. p Mehr auf derStandar­d.at/Etat

 ?? Foto: ORF ?? Um als TV-Experte seine 120 FußballBun­desligaspi­ele zu übertrumpf­en, dafür braucht es noch einige Jahre: Peter Hackmair steht am Sonntag beim Spiel Altach gegen Sturm Graz zum zweiten Mal vor der Kamera, um für den ORF die Kickerei zu analysiere­n. Der...
Foto: ORF Um als TV-Experte seine 120 FußballBun­desligaspi­ele zu übertrumpf­en, dafür braucht es noch einige Jahre: Peter Hackmair steht am Sonntag beim Spiel Altach gegen Sturm Graz zum zweiten Mal vor der Kamera, um für den ORF die Kickerei zu analysiere­n. Der...

Newspapers in German

Newspapers from Austria