„Nichts Schlimmeres, als sich zu verkaufen“
Mit 25 beendete er seine Karriere als Fußballprofi. Jetzt, drei Jahre später, analysiert Peter Hackmair für den ORF die Bundesliga – mit Inspiration von Mehmet Scholl und ohne Logos von Sportwettenanbietern.
INTERVIEW:
STANDARD: In Österreich gibt es quasi mehr Fußballexperten als Einwohner. Ein heikles Terrain? Hackmair: Ja, aber auch besonders spannend. Deswegen habe ich erst die Möglichkeit, im Fernsehen über Fußball zu reden. Das ermöglicht mir ja diesen Job als Experte. Bei sehr vielen Sportarten ist das ja nicht der Fall.
STANDARD: Wie waren die Reaktionen nach Ihrem ORF-Debüt? Hackmair: Sehr positiv. Ich habe irgendwann als Spieler aufgehört, in Foren zu stöbern, aber das Feedback aus meinem engeren Umfeld war sehr gut – intern aus dem ORF, aber auch von Freunden, Bekannten und Kritikern.
STANDARD: Gibt es Vorbilder unter den TV-Fußball-Experten? Hackmair: Ich möchte niemanden kopieren, hole mir aber Inspiration von Mehmet Scholl (ARD-Experte und Ex-Fußballprofi, Anm.). Es ist schön, dass sich der Kreis schließt. Als Kind war er mein absoluter Lieblingsspieler. Bei der Weltmeisterschaft hat er mir imponiert, weil er sehr authentisch und fachlich gut ist. Das möchte ich auch: authentisch bleiben.
STANDARD: Haben die Jahre als Profifußballer die finanzielle Basis für die Freiheiten jetzt geschaffen? Hackmair: Ich konnte mir schon Geld auf die Seite legen, aber weit nicht so viel, dass man von ausgesorgt reden kann. Jetzt habe ich die finanzielle Basis mit einer Eigentumswohnung, die zum Großteil abbezahlt ist. Im Vergleich zu früher verdiene ich momentan rund ein Drittel bis maximal die Hälfte. Ich bin bescheidener geworden, mir geht nichts ab. Ich habe kein Auto, keinen Fernseher, habe meinen halben Besitz verkauft oder verschenkt und wohne mittlerweile auf 45 Quadratmetern statt 100. Mir fehlt nichts. Das macht die Freiheit aus.
STANDARD: Als TV-Analytiker haben Sie keinen Fernseher? Hackmair: Ich habe einen relativ großen Bildschirm und streame alles. Durchzappen möchte ich nicht mehr. Außer Fußball und der Serie gibt es bei mir derzeit kein TV.
STANDARD: Ein Computer gilt nicht als Rundfunkempfangsgerät. Sie könnten sich von der GIS-Gebühr abmelden? Hackmair: Ja, das habe ich kürzlich gehört. Ich zahle noch GIS-Gebühren, aber anscheinend zu Unrecht. Dann spare ich mir schon wieder 20 Euro im Monat (lacht).
STANDARD: Sponsorenlogos zieren die Kleider von TV-Experten. Bei Ihnen stand „Mut verändert“. Ist das Ihr Lebensmotto? Hackmair: Das ist mein persönlicher Slogan und mittlerweile auch Lebensmotto. Ich möchte nur für ein Unternehmen werben, zu dem ich stehe. Es gibt nichts Schlimmeres, als sich zu verkaufen.
STANDARD: Welche Unternehmen lehnen Sie ab? Sportwettenanbieter? Hackmair: Genau, das Logo eines Wettanbieters oder eines Glücksspielunternehmens würde ich mir zum Beispiel niemals draufpi- cken. Mir geht es nicht primär um das Geld, sondern um Identifikation mit einer Firma.
STANDARD: Sie waren 2007 mit dem U20-Nationalteam WM-Vierter – mit Spielern wie Junuzovic oder Harnik, die sich wohl für die EM qualifizieren. Kommt Wehmut auf? Hackmair: Schon lange nicht mehr. Bei der WM war ich einer der Leistungsträger. Mit Veli Kavlak hatte ich die meisten Bundesligaspiele. Ein Jahr später, 2008, kam mit dem Kreuzbandriss die erste schwere Verletzung. Danach war es sehr schwierig, weil mich alle überholt, tolle Verträge unterschrieben haben oder ins Ausland gegangen sind. Du sitzt im Reha-Zentrum. Damals habe ich gelernt, mit Neid umzugehen. Mittlerweile ist das kein Thema.
Das Logo eines Wettanbieters
oder eines Glücksspielunternehmens würde ich mir niemals
draufpicken.
PETER HACKMAIR (28) bestritt 120 Bundesligaspiele für Ried und Wacker Innsbruck. Seine Karriere beendete er 2012, um dann für 15 Monate auf Weltreise zu gehen. Derzeit ist er Autor („Träume verändern“, „Freigereist“), Blogger, Vortragender, Trainer und ORF-Analytiker. p Mehr auf derStandard.at/Etat