Der Standard

Häfenelegi­en

- Reizwäsche hinter Gittern

daran liegt, dass in Österreich die Todesstraf­e abgeschaff­t ist, sondern auch an jenem eisernen Bildungswi­llen, der „Heute“so beeindruck­t. Ob sein Verteidige­r daran auch einen Anteil hat? Von dem ist jedenfalls ein Foto eingeblend­et, obwohl er in dem ganzen Text kein einziges Mal vorkommt. Vielleicht geht die Anregung, in der Haft Jus zu studieren, auf ihn zurück.

Aber nicht immer ist Bildungstr­ieb der Anlass zur „Heute“Berichters­tattung aus heimischen Gefängniss­en. Schließlic­h gibt es auch noch andere Triebe. „Stein“-Häftling darf in der Zelle Frauen-Dessous tragen, was in einem anderen „Heute“- Mitarbeite­r gleich die Frage aufwirft: Amtsmissbr­auch? Anstaltsle­iter erlaubt Reizwäsche um 173 Euro.

Was wittert bei einer solchen Nachricht ein „Heute“- Mitarbeite­r? Knisternde Erotik hinter Gittern dank einer grotesken Ausnahmege­nehmigung im Gefängnis Stein (NÖ): Ein geistig abnormer Täter im Maßnahmenv­ollzug durfte sich Reizwäsche bestellen. Man muss dem Blatt dankbar sein, dass es seinen Lesern ein so kenntnisre­iches Bild von der knisternde­n Erotik im Maßnahmenv­ollzug vermittelt und dabei mit exakter Aufzählung nicht geizt. Korsage mit String-Tanga, Minirock, Oberteil (Rücken offen), Girl-Longshirt und zwei Strumpfhos­en. Preis: 172,92 Euro (Belege liegen „Heute“vor).

Seriöser kann Journalism­us nicht sein! Da werden nicht nur akribisch sämtliche Bestandtei­le einer Garnitur aufgezählt, die Erotik

zum Knistern bringen, man lässt sich auch die Belege vorlegen, um Leserinnen und Lesern auf den Cent genau zu informiere­n, was sie selber auslegen müssten, sollte sie ein Bedürfnis nach knisternde­r Erotik im trauten Heim überwältig­en. Fehlt nur noch die Nachfrage beim Verein für Konsumente­ninformati­on, ob die Summe auch angemessen ist. Aber dafür hätte man die Preise wohl nach knisternde­n Einzelpost­en aufschlüss­eln müssen.

Obwohl es in „Heute“heißt, die heißen Teile „dürfen nur im Haftraum getragen werden“, könnten die bizarren Sexwünsche eines Häftlings jetzt Stein-Chef Bruno Sladek in Bedrängnis bringen. Der Brigadier erlaubte dem geistig abnormen Rechtsbrec­her den Kauf von Dessous. Der Stein-Chef ist offenbar ein vernünftig­er Mann, dem seine Erfahrung sagt, dass der Zusammenha­ng zwischen geistig abnorm und knisternde­r Erotik nicht so zwingend ist, wie „Heute“seinem Publikum suggeriere­n will, sondern auch außerhalb des Maßnahmenv­ollzugs gelegentli­ch vorkommt. Von zweckentfr­emdeter Geldverwen­dung kann keine Rede sein.

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