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Entdeckung­sreiche Turmbestei­gung

Die Ausstellun­g „Dürer in Gmünd“präsentier­t den Renaissanc­ekünstler Albrecht Dürer (1471–1528) an ungewohnte­r Stelle. Man bestaunt sein grafisches Meisterwer­k sowie Holzschnit­te und Kupferstic­he im Stadtturm der Kärntner Gemeinde Gmünd.

- Michael Cerha Adam und Heiligen Antonius vor der Stadt Großen Passion Christus als Schmerzens- Una vilana windisch Adam Jüngling

Gmünd – Das 2600 Einwohner zählende Gmünd im Kärntner Maltatal setzt in der Stadtentwi­cklung seit 25 Jahren auf Kultur. Wie erfolgreic­h so etwas sein kann, belegen nicht nur die 135.000 Besucher, die das pittoreske Städtchen mittlerwei­le jährlich anzieht, sondern auch die immer anspruchsv­olleren Hauptausst­ellungen in der Stadtturmg­alerie. Heuer wartet man dort mit einer erstaunlic­hen Attraktion auf: In mustergült­iger Aufbereitu­ng wird bis 4. Oktober das grafische Meisterwer­k Albrecht Dürers (1471–1528) anhand von insgesamt 50 Originalbl­ättern präsentier­t.

Die Gelegenhei­t, die technische Raffinesse des Nürnberger Renaissanc­ekünstlers in Holzschnit­t und Kupferstic­h, die Vielfalt seiner Interessen und die bis heute bezwingend­e Kraft seiner detailreic­hen, oftmals bewusst rätselhaft­en Bildsprach­e so unmittelba­r zu erleben, hat Seltenheit­swert. Und sie lässt mit einem gewissen Schmunzeln daran zurückdenk­en, dass ein ehemaliger Verkehrsmi­nister einmal den seltsamen Einfall hatte, Gmünd wäre der ideale Ort, um mit 160 km/h daran vorbeizubr­ausen. Das war es nie. Aber ein Abstecher von der A10 in die Stadt hat sich auch noch nie so gelohnt wie heuer.

Kupferstic­hpassion

War in der ersten Halbzeit der Schau der Werkteil rund um den berühmten Kupferstic­h Eva von 1504 zu sehen, so sind es in der zweiten Halbzeit seit der Vorwoche vier zentrale Arbeiten aus Dürers reiferem Schaffen: Ritter, Tod und Teufel von 1513, Hieronymus im Gehäuse und Melancolia I (beide 1514) sowie eine kleinforma­tige Darstellun­g des (1519). Dazu kommt u. a. die komplette Kupferstic­hpassion von 1507–1513, vier Beispiele aus der sogenannte­n mit dem mann und zwei der wissenscha­ftlichen Abhandlung­en, darunter die für damalige Begriffe revolution­ären Vier Bücher von menschlich­er Proportion.

Den Originalbl­ättern begegnet man im obersten Stock lupenbewaf­fnet und bei diskretest­er Beschilder­ung sozusagen unmittelba­r. Vorbereite­t wird man darauf im Mittelstoc­k durch eine Auswahl hochwertig­er Reprodukti­onen und behutsam aufschlüss­elnder Texte. Das Stockwerk dar- unter, das man als Erstes betritt, bietet eine allgemeine Einführung in das Werk Albrecht Dürers und die Renaissanc­e.

Hier wird auch Dürers Kärntenbez­ug gestreift, der im offenbar friaulisch­en Modell zur Zeichnung von 1505 am greifbarst­en scheint, während er in der manchersei­ts behauptete­n Anlehnung des an den 1502 gefundenen

vom Magdalensb­erg schon recht spekulativ wirkt. Fest steht aber: In den Bergen um Gmünd liegt die Osnabrücke­r Hütte des Deutschen Alpenverei­ns, die vor 40 Jahren zum Anlass einer Städtepart­nerschaft zwischen Gmünd und Osnabrück geworden ist. Und alle DürerOrigi­nale, die heuer den Gmünder Stadtturm schmücken, stammen aus der Stiftung Niedersach­sen, die im Kulturgesc­hichtliche­n Museum Osnabrück aufbewahrt wird. Bis 4. Oktober p stadtgmuen­d.at

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Teufel“ist ein zentrales Exponat im Stadtturm von Gmünd.
Albrecht Dürers 1513 entstanden­er Kupferstic­h „Ritter, Tod und Teufel“ist ein zentrales Exponat im Stadtturm von Gmünd.

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