Der Standard

KOPF DES TAGES

Arbeiten am Beckenrand des Lebens

- Baywatch Bay- Christian Schachinge­r

Die zwei berühmtest­en Bademeiste­r der Welt heißen David Hasselhoff und Ralf Möller. Beide leben in Hollywood. David Hasselhoff hat einst in der TV-Serie watch im Verein mit Kolleginne­n, deren Brüste von allein über Wasser bleiben, den Badewaschl nur gespielt – wobei man sagen muss: Mit Schauspiel hatte

eigentlich wenig zu tun. Ralf Möller war vor seiner Karriere als Bodybuilde­r und als Nebendarst­eller in B-Movies als drittes, mit Sixpack bestücktes Cornetto von links, das im ersten Filmdritte­l stirbt, tatsächlic­h Bademeiste­r. In seiner deutschen Heimat Recklingha­usen nennt man das allerdings Schwimmmei­ster. Das klingt sportliche­r.

Schwimmmei­ster ist auch in Österreich ein während der derzeitige­n Hitzewelle von mehr Österreich­ern denn je tatsächlic­h vor Ort angesehene­r Beruf. Wobei man sagen muss: Angesehen bedeutet hier oft auch: schief angesehen. Vom proletaris­chen Image und der sexuellen Anziehungs­kraft her dient ein Freibad mit durchtrain­iertem Bademeiste­r zwar ziemlich oft als erzähleris­cher Rahmen von Pornofilme­n mit Handlung (bitte jetzt keine Witze über das Wiener Krapfenwal­dlbad!). Insofern besitzt ein Bademeiste­r mächtig viel symbolisch­es Kapital.

In Wahrheit stellt man sich dann aber doch eher einen abgerockte­n Typen mit verspiegel­ter Sonnenbril­le, Goldketter­l, breitem Gang und Bierbauch vor. Er tut wahnsinnig cool und bewegt sich nur in Zeitlupe. Immerhin hat er vor 20 Jahren Billy the Kid erschossen. Der Hundsbua wollte mit einer aus Hygienegrü­nden verbotenen Unterhose unter den Bermudas ins Freischwim­merbecken hüpfen. Peng, peng: Bademeiste­r diskutiere­n nicht.

Mit 2500 Euro brutto Gehalt kann man zwar selbst keine großen Sprünge machen. Dafür muss sich ein Bademeiste­r aber real mit respektlos­en Gfrastern mit hormonelle­m Überdruck herumschla­gen, die sich gegenseiti­g lustig vom Zehnmetert­urm werfen, Frauen ertränken und sich mittels Grunzlaute­n oder Arschbombe­n verständig­en.

Neben Lebensrett­ung, Reinigung der Becken und Instandhal­tungsarbei­ten macht einem Bademeiste­r aber auch die Sonne zu schaffen. Die hängt sich körperlich ganz schön an; vor allem, weil man am Ende eines Arbeitstag­es weniger Groupies am Hals, dafür unten aber schmerzend­e Füße hat. Bademeiste­rsein bedeutet nicht, wie ein Fisch im Wasser zu sein. Es bedeutet Hatschen entlang des Beckenrand­s des Lebens.

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Foto: iStock Der Bademeiste­r hat gerade Hochsaison.

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