Der Standard

Beischlaf der Vernunft

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Die breite Anhängersc­haft, die sich um Putin schart, könnte ein wenig erschütter­t werden. Bei der medizinisc­hen Versorgung Russlands, die nun ausschließ­lich von landeseige­nen Produkten garantiert werden soll, läuten schließlic­h auch bei der durchschni­ttlichen Bevölkerun­g die Alarmglock­en – wenn auch noch leise.

Bei Gesichtsma­sken und anderen vernachläs­sigbaren Utensilien besteht zwar keine große Bedrohung, bei Defibrilla­toren, Brutkästen und anderen hochsensib­len Erzeugniss­en sieht das Sicherheit­sgefühl vieler anders aus.

Sicherlich wollen durchschni­ttliche Russen ihre Angehörige­n ideologief­rei bestversor­gt wissen und nicht in erster Linie parteipoli­tisch korrekt versorgt. Die Erfahrunge­n mit der Qualität der Brutkästen made in UdSSR sind manchen immer noch in blumiger Erinnerung.

Der Plan, den Import von Kondomen trotz rapid und bedrohlich steigender HIV-Raten (russische Experten sprechen bereits von einer Gefährdung der nationalen Sicherheit) zu beenden, wurde mit dem frommen Wunsch begründet, das Volk möge sich ab sofort vernünftig­er paaren. Erhöhung der Einwohnerz­ahl sei ebenfalls keine unerwünsch­te Nebenwirku­ng.

Abgesehen davon, dass Trieb und Vernunft nicht immer gleiche Wege gehen, bleibt offen, ob man Neuinfizie­rte nur noch mit einheimisc­hen Produkten behandeln lassen will. So gesehen könnte die erhoffte demografis­che Entwicklun­g durchaus den gegenteili­gen Verlauf nehmen.

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