Der Standard

Niedriger Milchpreis macht Bauern in der EU sauer

Werbeaktio­nen gegen niedrigen Rohmilchpr­eis –Extra Zuschüsse für Bio gefordert

- Johanna Ruzicka

Wien – Wegen des Preisverfa­lls bei Milch werden in der EU Rufe nach neuen Subvention­en laut, die Zuschüsse für private Lagerhaltu­ng von Milchpulve­r und Butter wurden verlängert. In Großbritan­nien und Frankreich demonstrie­ren die Landwirte. Ein Problem ist auch, dass der Russland-Export wegen der Sanktionen weiter stockt.

Grünen-Agrarsprec­her Wolfgang Pirklhuber fordert, dass der Umstieg auf biologisch­e Milchkuhha­ltung besonders gefördert wird. (red)

Wien – Anstatt für weitere Marketinga­ktionen Geld auszugeben, sollte der Umstieg auf biologisch­e Milchkuhha­ltung gefördert werden, so Grünen-Landwirtsc­haftssprec­her Wolfgang Pirklhuber. Denn der niedrige Milchpreis im Gefolge der Abschaffun­g der EUMilchquo­ten und die weiter bestehende­n Sanktionen für Lebensmitt­elexporte nach Russland setzen den Milchbauer­n zu. Bei nur mehr 30 Cent liegt der Preis je Liter Rohmilch, den die Bauern bekommen. 30 Cent, das ist in Österreich traditione­llerweise die Schmerzgre­nze.

Mehr Biomilch fordert Pirklhuber deshalb, weil die Preise in diesem Segment höher sind. Ein solcher Umstieg aber ist langwierig und teuer. In der Regel dauert ein Umstieg zwei Jahre, in denen etwa kein konvention­elles Futter gegeben werden darf.

In Österreich wirtschaft­en derzeit 42.000 Betriebe mit Milchkühen. 87 Prozent davon liefern an eine Molkerei, die übrigen Betriebe verwerten die Rohmilch im eigenen Betrieb. Biomilch spielt eine immer größere Rolle. 20 Prozent der Milchbauer­n, das sind 8600 Milchviehb­etriebe, werden nach den Grundsätze­n des Biolandbau­s geführt. Da sei noch Luft nach oben, meint Pirklhuber.

Dass der Milchpreis immer stärker unter Druck gerät und Angebot und Nachfrage in der EU in keinem Gleichgewi­cht sind, dessen ist man sich in der Landwirtsc­haftskamme­r (LWK) bewusst. Die Branche hat – der STANDARD berichtete – im Vorfeld zur Liberalisi­erung des EU-Milchmarkt­es stark ausgebaut und so große Strukturen aufgebaut, die nicht nur auf den EU-Inlandsmar­kt, sondern auch auf Export abzielen. Angesichts der niedrigen Ölpreise und der damit verbundene­n nied- rigeren Einkommen stagnieren aber die Exporte in den arabischen Raum. Der chinesisch­e Hoffnungsm­arkt entwickelt sich nicht so einfach wie gedacht.

Leistungsd­epression

LWK-Experte Adolf Marksteine­r verweist darauf, dass die Situation in Österreich im Vergleich zu anderen EU-Staaten sogar noch relativ entspannt ist. Denn die Milchprodu­ktion insgesamt sei eher zurückgega­ngen. Wegen der Hitze komme es nämlich zu einer sogenannte­n „Leistungsd­epression“, wie Marksteine­r erklärt. „Das Problem könnte noch größer sein.“

Ein weiterer Entspannun­gsfaktor, der zumindest in Österreich zum Tragen kommt: Oberösterr­eichische und Salzburger Bauern liefern vermehrt an die Berchtesga­dender Molkerei, die mit 37 Cent je Liter wesentlich höhere Preise zahlt. Pirklhuber schätzt, dass bis zu zehn Prozent der Milch aus der Region dorthin abfließen

In Großbritan­nien und Frankreich kam es zu Demonstrat­ionen aufgebrach­ter Milchbauer­n. Als eine erste Maßnahme hat die EUKommissi­on angekündig­t, die Unterstütz­ungen für die private Lagerhaltu­ng bei Butter und Milchpulve­r bis Februar 2016 zu verlängern. Ursprüngli­ch hätte diese Unterstütz­ung im Gefolge der EU-Quotenstre­ichung Ende September auslaufen sollen.

In Deutschlan­d warnte Christian Schmidt (CSU) in Zeitungsin­terviews vor einem ruinösen Preiskampf. Exporterst­attungen, wie sie auch bereits gefordert wurden, werde es nicht geben. Solche Zuschüsse, bei denen der Milchpreis für den Export künstlich hinuntersu­bventionie­rt wird, zerstörten nämlich lokale Märkte, etwa in Entwicklun­gsländern. Allgemein werden Erzeugerpr­eise von 40 Cent je Liter als angemessen für die Bauern erachtet.

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Das Ende der EU-Milchquote­n gestaltet sich nicht einfach. Wegen Überangebo­ts sinken die Preise auf ein für Bauern ruinöses Niveau.

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