ZITAT DES TAGES
Griechenlands größte Oppositionspartei, die konservative Nea Dimokratia, will vorerst weiter die Regierung stützen. Das Kreditabkommen muss stehen, sagt Parteisprecher Kostas Karagounis.
„Die neuen Sparmaßnahmen sind das Ergebnis der Unfähigkeit von
Tsipras und seiner Regierung.“ Kostas Karagounis, Sprecher der Nea Dimokratia, Griechenlands größter
Oppositionspartei
Standard: Erklären Sie mir kurz die neuen politischen Verhältnisse. Was ist das hier in Griechenland? Eine links-rechts-gerichtete Minderheitsregierung, gestützt von der größten Oppositionspartei, der konservativen Nea Dimokratia? Karagounis: Unterstützt von Nea Dimokratia, To Potami und Pasok. Richtig. Das ist eine ziemlich merkwürdige Situation, aber für uns gab es keine andere Möglichkeit. Wir haben diese Regierung seit den Wahlen am 25. Jänner fünf Monate lang gedrängt, zu einer Übereinkunft mit den Kreditgebern zu kommen. Sie hat es nicht getan, sie dachte, sie hätte einen besseren Plan. Je mehr Zeit aber verstrich, um so größer wurde die Haushaltslücke, um so schlechter die wirtschaftliche Situation. Sie wissen, wie es ausging. Die Regierung hatte am Ende keine Alternative. Sie musste ein Übereinkommen unterzeichnen, ein Abkommen für ein drittes Sparprogramm, das sehr schwierig und hart sein wird für das griechische Volk. Es wäre nicht notwendig gewesen. Als Nea Dimokratia hatten wir keine andere Wahl, als diese neuen Sparmaßnahmen zu unterstützen. Wir unterstützen nicht diese Regierung, aber Griechenlands europäischen Weg.
Standard: Und wie lang soll das so gehen? Karagounis: Für uns ist entscheidend, dass wir das Kreditabkommen erreichen und dass es dann auch umgesetzt wird. Wir brauchen die Rekapitalisierung der Banken und die Stabilisierung der Wirtschaft. Wir haben auch Ein- wände gegen einzelne Maßnahmen und werden natürlich unsere eigenen Vorschläge machen. Sicher ist: Diese Form der Unterstützung der Regierung wird nicht lange anhalten, aber so lange, bis sich die Dinge wirtschaftlich und politisch stabilisieren.
Standard: Erwarten Sie tatsächlich, dass Syriza den Vorgaben der Kreditgeber folgt, etwa bei Privatisierungen, beim Umbau der Verwaltung, Entlassungen von Staatsbediensteten? Karagounis: Ich habe keine klaren Vorstellungen davon, was Tsipras wirklich will. Aber wenn ich seinen eigenen Worten folge, dann ist dieses Kreditprogramm ein Programm, an das Partei und Regierung nicht glauben, das ihnen aufgezwungen wurde, das eine „Erpressung“war. Ich glaube selbst auch nicht an die Austerität. Wir hatten aber diese Sparmaßnahmen – insbesondere die Erhöhung der Mehrwertsteuer, der Unternehmenssteuer – vermieden, weil wir die Wirtschaft wieder auf Kurs gebracht hatten. Wir hatten keine Defizite, als die Wahlen am 25. Jänner kamen, wir hatten einen Primärüberschuss.
Karagounis: Klein, aber wir hatten immerhin einen erzielt. Wir hatten neun Prozent Defizit, als wir 2012 die Regierung übernahmen, und 6,6 Prozent Rezession. Alle Zahlen waren gegen uns. 2015 sollte die Wirtschaft um 2,5 Prozent wachsen, sagten die EU-Kommission wie der Internationale Währungsfonds voraus.
Standard: Sie würden nicht von Erpressung sprechen? Karagounis: Niemand ist erpresst worden. Die neuen Sparmaßnahmen sind das Ergebnis der Unfähigkeit von Tispras und seiner Regierung. Fünf, sechs Monate lang haben sie uns erklärt, was für harte Verhandlungen sie in Brüssel führen, wie sehr sie für die Griechen kämpfen, welch gutes Abkommen sie nach Hause bringen werden. Aber all das war nicht wahr. Sie hatten keinen Plan. Sie haben nur Zeit verloren, und die Kosten für uns alle stiegen derweil. Jetzt ist eben Zahltag.
KOSTAS KARAGOUNIS (40) ist seit den Parlamentswahlen vom Jänner 2015 Sprecher der Nea Dimokratia. Der studierte Jurist war Vizejustizminister in der Regierung von Antonis Samaras (2012–15) und übernahm den Parlamentssitz von seinem Vater Andreas. p Interview auf:
derStandard.at/Griechenland