Der Standard

„Ein Start-up gründen ist kein 40- Stunden-Job“

Der Runtastic-Erfolg verstellt den Blick darauf, wie schwer sich Junguntern­ehmer oft in Österreich tun. Ein Problem, sagt Katharina Klausberge­r von Shpock: Es gebe keine Kultur des Scheiterns.

- INTERVIEW: Markus Sulzbacher

STANDARD: Ist Österreich ein guter Standort für Start-ups? Klausberge­r: Noch vor wenigen Jahren gab es nur eine kleine Community von Gründern und kaum Investoren. Das hat sich mittlerwei­le geändert. Es gibt nun beides. Wie man an Beispielen wie Runtastic sieht, können auch österreich­ische Start-ups sehr erfolgreic­h sein. Und es braucht derartige Erfolge.

STANDARD: Muss man Teil der Startup-Community sein, um erfolgreic­h zu sein? Klausberge­r: Es gibt sehr viele Veranstalt­ungen. Aber als Start-up nur auf Events zu sein, das hilft nicht sehr viel, weil man dann zu wenig Zeit hat, sich wirklich um das Produkt zu kümmern. Auf der anderen Seite ist es wichtig, um sich auszutausc­hen und um an Finanzieru­ngsmöglich­keiten zu kommen. Wir haben einen unserer Investoren auf einer Veranstalt­ung kennengele­rnt.

STANDARD: Welche Probleme gibt es in Österreich? Klausberge­r: Viele verschiede­ne. Es fehlt an Toleranz gegenüber Firmen, die gescheiter­t sind. Viele Menschen sehen nicht, dass trotzdem eine positive Wirtschaft­sleistung und sehr viel Know-how entstanden sind, die auch anders weiter genutzt werden können.

STANDARD: Dass es in Österreich keine Kultur des Scheiterns gibt, wurde sichtbar, als der Computerhä­ndler Ditech zusperren musste. Onlinefore­n quollen vor Häme über. Klausberge­r: Ja, damals gab es sehr viel Schadenfre­ude. Das ist schade. Aber es gibt noch weitere Probleme. So ist es etwa nicht immer leicht, die richtigen Teammitgli­e- der zu finden – motivierte Leute, die selbst anpacken und etwas bewegen wollen. Gerade in technische­n Bereichen ist das in Österreich sehr schwierig.

STANDARD: Ein Problem, das viele beklagen. Klausberge­r: Ja, und wenn man gut ausgebilde­te Leute im Ausland findet, ist es oft sehr mühsam, sie ins Land zu bekommen. Mit der Einführung der Rot-Weiß-Rot-Karte ist es allerdings etwas besser geworden.

STANDARD: Welche Tipps haben Sie für Gründer? Klausberge­r: Der erste und wichtigste ist, sich auf sein Produkt zu fokussiere­n. Lieber mit einer kleinen Version schnell starten als später mit einem sehr komplexen Produkt, von dem nur fünf Funktionen auch wirklich genutzt werden. Der andere Tipp – der soll aber nicht abschrecke­nd wirken: Wenn man ein Unternehme­n aufbauen möchte, braucht es einfach enorm viel Power. Das heißt, es ist ein sehr, sehr hohes zeitliches und emotionale­s Investment. Es passieren so viele Sachen, mit denen man nicht rechnet, mit denen man aber auch umgehen muss. Man muss im Vorfeld überlegen: Möchte ich das wirklich, oder möchte ich doch lieber etwas Gemütliche­s machen.

STANDARD: Also nichts, das man nebenbei macht. Klausberge­r: Nebenbei ist schwierig. Gründen ist ja kein 40-Stunden-Job, sondern eher ein 80-, 120-Stunden-Job. Man darf auch keine Angst haben, sich über Ideen mit anderen auszutausc­hen. So bekommt man Tipps, kann von Erfahrunge­n anderer lernen und Fehler vermeiden. Und bei der Gründung eines Start-ups passieren Fehler.

STANDARD: Haben Sie keine Angst, beim Austausch mit anderen Innovation­sgeheimnis­se zu verraten?

Klausberge­r: Nein, meist sind die Leute eh so beschäftig­t, dass sie keine Zeit haben, das nachzumach­en.

KATHARINA KLAUSBERGE­R (33) ist Mitgründer­in des Wiener Start-ups Shpock (Shop in your pocket), dessen Flohmarkt-App mehr als zehn Millionen Nutzern in Österreich, Deutschlan­d und England bei der Schnäppche­njagd hilft.

 ??  ?? So sieht ein typisches Start-up in Culver City, im Silicon Valley, aus. Mit der österreich­ischen Realität hat dieses schicke Ambiente selten etwas zu tun.
So sieht ein typisches Start-up in Culver City, im Silicon Valley, aus. Mit der österreich­ischen Realität hat dieses schicke Ambiente selten etwas zu tun.
 ?? Foto: Shpock ?? Klausberge­r: Die richtigen Leute zu finden
ist mühsam.
Foto: Shpock Klausberge­r: Die richtigen Leute zu finden ist mühsam.

Newspapers in German

Newspapers from Austria