Der Standard

Nicht raunzen

- Michael Simoner

„Eine medizinisc­he Maßnahme zur Erhaltung und Festigung der Gesundheit beziehungs­weise zur Linderung von chronische­n Leidenszus­tänden.“Das ist laut Gesundheit­sministeri­um die Definition von Kur. Hört sich eigentlich recht vernünftig an. Trotzdem will Peter McDonald, Chef des Hauptverba­ndes der Sozialvers­icherungst­räger, die Kur-Kriterien ändern. Was hier in Wahrheit – bewusst oder unbewusst – angestoßen wird, ist eine Debatte über Sozialschm­arotzertum: Leute, die es gar nicht notwendig hätten, liegen uns allen auf der Tasche, lautet der Vorwurf zwischen den Zeilen.

Ebenso populistis­ch könnte man freilich entgegnen, dass Versicheru­ngen immer raunzen, wenn es an die Einlösung von vereinbart­en Leistungen geht. Durchschni­ttlich 1900 Euro für eine dreiwöchig­e Kur mögen kein Pappenstie­l sein. Aber es ist nur ein Bruchteil davon, was die Kurgäste, meist ältere Semester, ohnehin schon in die Gemeinscha­ftskasse eingezahlt haben.

Wer Kur mit Urlaub vergleicht, sollte bedenken: Nicht jeder kann sich regelmäßig­e Besuche in der Wellnessoa­se leisten. Und im Gegensatz zum fakultativ­en Mitmachpro­gramm im All-inclusive-Freizeitpa­rk ist ein Kur-Stundenpla­n kein Spaß. Wer jemals gesehen hat, wie sehr sich Lungengesc­hädigte bei der Festigung ihrer verblieben­en Gesundheit plagen, kann die Sinnhaftig­keit einer Kur nicht infrage stellen.

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