Griechenland: Spaltung bei Syriza könnte Neuwahlen verschieben
Griechenlands Premier Alexis Tsipras bekommt bei den geplanten Neuwahlen im September Konkurrenz aus der eigenen Partei. Die Abspaltung von 25 linken Parlamentariern könnte den Wahltermin ins Wackeln bringen. Tsipras’ Chancen stehen dennoch gut.
Athen/Ankara – Am Tag nach dem Rücktritt des griechischen Premiers Alexis Tsipras, der den Weg zu Neuwahlen ebnen soll, hat sich dessen Syriza-Partei gespalten. 25 Abgeordnete der schon zuvor innerlich zerrissenen Partei schlossen sich zur neuen linken Fraktion „Volkseinheit“zusammen. Sie stellen die drittgrößte Fraktion im aktuellen Parlament und könnten gemeinsam mit der konservativen Nea Dimokratia, der zweitgrößten Gruppe, den Neuwahltermin am 20. September etwas nach hinten schieben. Laut Verfassung stehen beiden nun je drei Tage für eigene Versuche zur Regierungsbildung zur Verfügung.
Neuwahlen gibt es auch in der Türkei. Das dortige Votum soll am 1. November stattfinden. (red)
Athen – Nach dem Willen von Alexis Tsipras sollte es schnell gehen. Am Freitag aber musste sich der griechische Premier doch noch etwas gedulden. Der Regierungschef hatte am Donnerstagabend Neuwahlen für den 20. September angekündigt. Doch die nun vollzogene Abspaltung von Abgeordneten der Syriza in eine neue Linkspartei mit dem Namen „Laiki Enotita“(„Volkseinheit“) könnte den Zeitplan ins Wanken bringen. Ab Freitag sollten noch die Chefs der zweit- und der drittgrößten Fraktion im Parlament ihr Glück mit einer Regierungsbildung versuchen.
Die neue „Volkseinheit“stellt dort bis zur Wahl mit 25 Parlamentariern die drittgrößte Fraktion. Laut Verfassung muss sie daher, so wie zuvor die zweitgrößte Parlamentspartei, die konservative Nea Dimokratia (ND), drei Tage lang Zeit für Versuche bekommen, selbst eine tragfähige Regierung zusammenzustellen.
Verzögerungstaktik
Realpolitisch haben zwar beide Gruppierungen kaum Aussicht auf Erfolg – trotzdem wollten sowohl ND-Chef Evangelos Meimarakis als auch der neue Vorsitzende der Volkseinheit, der frühere Energieminister Panagiotis Lafazanis, die volle verfassungsmäßige Zeit ausnützen.
Dabei geht es auch darum, den Urnengang womöglich etwas nach hinten zu verschieben. Tsipras hatte sich für ein möglichst frühes Wahldatum entschieden, weil dann, so die Überlegung, einerseits die Effekte der neuen Sparvereinbarungen noch nicht zu spüren seien, und andererseits auch linke Parteirebellen weniger Zeit zur Organisation hätten. Auch die EU und der Chef der proeuropäischen linken Partei To Potami, Stavros Theodorakis, haben sich dafür ausgesprochen, möglichst schnell wieder klare politische Verhältnisse zu schaffen.
Der Premier hatte die Neuwahlen in einer TV-Rede am Donnerstagabend angekündigt. Es sei Zeit, dass die Griechen angesichts der Entscheidungen rund um den Sparkurs von Neuem seine Politik bestätigten. Das Votum war allerdings auch nötig geworden, weil Tsipras schon vor der offiziellen Abspaltung der 25 Syriza-Abgeordneten keine Mehrheit im Parlament mehr hatte. Zahlreiche Mitglieder seiner Partei hatten ihm ja schon bei den Abstimmungen über das neue Sparprogramm die Gefolgschaft verweigert – die Gesetze wurden mit Unterstützung der ND und weiterer Oppositionsparteien beschlossen. Diese waren aber nicht dauerhaft bereit, die Links-rechts-Koalition unter Tsipras im Amt zu halten.
Für den Urnengang rechnet sich der Regierungschef gute Chancen aus. Umfragen sahen die Syriza zuletzt deutlich über den 36,3 Prozent der Stimmen, die die Partei im Jänner erreicht hatte. Unter Umständen könnte es auch für eine absolute Mehrheit reichen, weil das griechische Wahlrecht der stimmenstärksten Partei einen Bonus von 50 Abgeordnetenmandaten im insgesamt 300 Sitze starken Parlament zugesteht. Unklar war vorerst zwar, wie sich die Spaltung der Syriza auf die Wahlchancen auswirken würde – allerdings ist Tsipras noch immer der mit Abstand beliebteste Politiker des Landes. (red)