Der Standard

Österreich­s Forschung vor dem Kollaps

Die Diskussion über die Finanzieru­ng der heimischen Grundlagen­forschung nimmt wieder Fahrt auf. Heimische Top-Wissenscha­fter fordern hundert Millionen Euro jährlich mehr und schreiben in einem Brief an die Bundesregi­erung von Mangelverw­altung.

- Peter Illetschko

Wien – Rechtzeiti­g vor Beginn der Alpbacher Technologi­egespräche kommende Woche platzte heimischen Wissenscha­ftern angesichts der mangelhaft­en Finanzieru­ng des Wissenscha­ftsfonds FWF der Kragen. Die 53 Forscher, Mitglieder des FWF-Kuratorium­s, wandten sich in einem Brief an Kanzler Werner Faymann (SPÖ), Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) und Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) und beklagten die finanziell­e Ausstattun­g des Fonds, der für die Finanzieru­ng der Grundlagen­forschung in Österreich zuständig ist. Man habe „mit Entsetzen“ein Mehrjahres­programm zur Kenntnis genommen, das nur als „Mangelverw­altung“bezeichnet werden könne, heißt es in dem Schreiben, das dem STANDARD vorliegt.

Derzeit kann der FWF jährlich 200 Millionen Euro bewilligen. Das Budget ist seitens des Bundes zwar bis 2018 gesichert, wird sich aber nicht erhöhen. Aus Sicht der Kuratorium­smitgliede­r sind 200 Millionen um mindestens 70 Millionen Euro zu wenig. So viele förderungs­würdige, aber nicht finanziert­e Anträge gebe es jährlich. Im erwähnten Mehrjahres­programm sind Einschnitt­e vorgesehen. Doktoratsk­ollegs werden eingestell­t, Spezialfor­schungsber­eiche (SFB), die Leuchtturm­projekte des FWF, beschnitte­n. Auch die Leiter der SFBs und Dok-Kollegs wollen – mit den Wittgenste­in-Preisträge­rn – einen Brief schreiben. Adressaten sind die Medien. Hier werden jährlich 100 Millionen Euro mehr gefordert, „um den Kollaps der Forschungs­förderung“zu verhindern. Die Absender weisen auf ein Missverhäl­tnis zwischen Grundlagen­forschung und übrigen Ausgaben für Forschung und Entwicklun­g (F&E) hin. Die besagten 200 Millionen des FWF seien nur zwei Prozent der 10,1 Milliarden Euro, die für F&E ausgegeben werden. Damit stehe die Innovation­spolitik insgesamt auf „tönernen Füßen“.

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