Österreichs Forschung vor dem Kollaps
Die Diskussion über die Finanzierung der heimischen Grundlagenforschung nimmt wieder Fahrt auf. Heimische Top-Wissenschafter fordern hundert Millionen Euro jährlich mehr und schreiben in einem Brief an die Bundesregierung von Mangelverwaltung.
Wien – Rechtzeitig vor Beginn der Alpbacher Technologiegespräche kommende Woche platzte heimischen Wissenschaftern angesichts der mangelhaften Finanzierung des Wissenschaftsfonds FWF der Kragen. Die 53 Forscher, Mitglieder des FWF-Kuratoriums, wandten sich in einem Brief an Kanzler Werner Faymann (SPÖ), Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) und beklagten die finanzielle Ausstattung des Fonds, der für die Finanzierung der Grundlagenforschung in Österreich zuständig ist. Man habe „mit Entsetzen“ein Mehrjahresprogramm zur Kenntnis genommen, das nur als „Mangelverwaltung“bezeichnet werden könne, heißt es in dem Schreiben, das dem STANDARD vorliegt.
Derzeit kann der FWF jährlich 200 Millionen Euro bewilligen. Das Budget ist seitens des Bundes zwar bis 2018 gesichert, wird sich aber nicht erhöhen. Aus Sicht der Kuratoriumsmitglieder sind 200 Millionen um mindestens 70 Millionen Euro zu wenig. So viele förderungswürdige, aber nicht finanzierte Anträge gebe es jährlich. Im erwähnten Mehrjahresprogramm sind Einschnitte vorgesehen. Doktoratskollegs werden eingestellt, Spezialforschungsbereiche (SFB), die Leuchtturmprojekte des FWF, beschnitten. Auch die Leiter der SFBs und Dok-Kollegs wollen – mit den Wittgenstein-Preisträgern – einen Brief schreiben. Adressaten sind die Medien. Hier werden jährlich 100 Millionen Euro mehr gefordert, „um den Kollaps der Forschungsförderung“zu verhindern. Die Absender weisen auf ein Missverhältnis zwischen Grundlagenforschung und übrigen Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) hin. Die besagten 200 Millionen des FWF seien nur zwei Prozent der 10,1 Milliarden Euro, die für F&E ausgegeben werden. Damit stehe die Innovationspolitik insgesamt auf „tönernen Füßen“.