Holzhäuser für Flüchtlinge, Helikopter gegen Schlepper
Steiermark installiert einen Asylkoordinator, der „Sprache der Bürgermeister“spricht
Bregenz/Graz/Salzburg/Wien – Die Idee zweier ÖVP-Minister, die EU wegen der Dublin-Asylregeln zu klagen, ist offenbar vom Tisch. Nach einem Rückzieher von Justizminister Wolfgang Brandstetter via Kurier sagte auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Freitag im Ö1- Mittagsjournal, dass das letzte Wort in der Sache der Bundeskanzler habe. Selbiger lehnte das Vorhaben von Anfang an ab. Auch Ex-ÖVP-Vizekanzler Erhard Busek meldete sich in der Sache zu Wort und kritisierte das Krisenmanagement der Koalition scharf. Verantwortung werde hinund hergeschoben.
Verkehrsunfälle
Das Innenministerium kündigte an, Schlepperrouten mit Hubschraubern zu überwachen. In jüngster Zeit gab es einige Unfälle mit mutmaßlichen Schlepperfahrzeugen, bei denen transportierte Flüchtlinge verletzt wurden; zuletzt krachte am Freitag ein Mercedes Sprinter mit spanischem Kennzeichen auf der A1 bei Amstetten gegen die Leitschiene. 24 Flüchtlinge wurden verletzt, drei davon so schwer, dass sie mit Rettungshubschraubern ins Spital geflogen werden mussten.
Beim immer noch ungelösten Thema Asylquartiere will das Land Salzburg einen neuen Weg gehen: Holzhäuser – die laut Rotem Kreuz nicht teurer als Container sein sollen. Den Anfang macht die Flachgauer Kleinstadt Seekirchen am Wallersee. Weitere Gemeinden sollen folgen. In Seekirchen sollen spätestens Anfang Dezember 76 Kriegsflüchtlinge in zwei neu errichtete Holzhäuser einziehen. Das Rote Kreuz übernimmt deren Errichtung und dann die Betreuung der Menschen darin. Finanziert wird die Lösung – wie alle anderen Unterkünfte auch – von Bund und Land im Verhältnis 60 zu 40.
In der Steiermark gibt es ab 1. September einen Asylkoordinator, bei dem alle mit Asylfragen befassten Stellen zusammenlaufen sollen: Kurt Kalcher. Der langjährige Leiter der Fachabteilung für Katastrophenschutz und Landesverteidigung ist als Krisenmanager mit starken Nerven und als guter Kommunikator bekannt. Er wurde am Freitag von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) und Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) präsentiert. Kalcher war am Freitag den 21. Tag in Pension. Er habe sich aber „heute im Geiste von zu Hause verabschiedet. Wenn ich etwas mache, mache ich es ganz.“Er soll nicht nur die ihm gut bekannten Organisationen wie das Rote Kreuz und die Feuerwehr koordinieren, sondern auch Caritas, Diakonie und NGOs wie Zebra. Zudem soll er das Gespräch mit den Bürgermeistern führen. Zu diesen meinte Kalcher: „Bürgermeister kann man nicht einladen, zu den Bürgermeistern fährt man. Sie sprechen eine ganz besondere Sprache, und die muss man können.“Landeshauptmann Schützenhöfer nannte das Gespräch als „unersetzlich für den sozialen Frieden“, sprach sich aber auch für das Durchgriffsrecht des Bundes aus, wenn nichts anderes helfe, und forderte einen „nationalen Schulterschluss“. Das Europäische Forum Alpbach lädt am 4. September engagierte Bürgermeister zum Vernetzungstreffen.
Die Steiermark erfüllte ihre Quote bei der Flüchtlingsbetreuung bereits zu 100 Prozent, ist nun aber bei 90,5. Das soll sich bald ändern. Derzeit sind 6282 Menschen in Betreuung, bis Jahresende sollen 600 dazukommen. Kampus und Schützenhöfer seien stolz, dass sie die Quote bisher ohne Massenquartiere, Zelte und Container erfüllten. Das mache auch Integration leichter, so Kampus.
Blauer Masterplan im Westen
Die Landesregierung in Vorarlberg muss das Durchgriffsrecht des Bundes verhindern, fordert hingegen der dortige Landes-FPChef Dieter Egger per Landtagsantrag. Das Verfassungsgesetz zur Aufteilung von Flüchtlingen sei ein Strafgesetz gegen die Gemeinden, kritisiert er, und „unrühmlicher Höhepunkt der chaotischen Flüchtlingspolitik der Bundesregierung“. Egger fordert einen nicht näher definierten Masterplan und Grenzschutz durch das Militär. „Wir werden uns in Europa auf die nationalstaatlichen Grenzen zurückziehen müssen. Leider.“(cms, jub, neu, spri)