Der Standard

Tanz um die goldenen Eier im Vogelnest

Wirtschaft­sabschwung einerseits, Dopingenth­üllungen anderersei­ts – sowohl China als auch der Leichtathl­etik ist es insgesamt schon wesentlich besser gegangen. Dennoch wird am Samstag in Peking die 15. WM der olympische­n Sportart Nummer eins pompös eröffn

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Peking/Wien – Der Himmel über Peking wird langsam blau, der Smog verzieht sich, weil die größten Luftversch­mutzer abgeschalt­et und teilweise Fahrverbot­e erlassen wurden. Bilder wie vom Stadtmarat­hon des vergangene­n Jahres, der als „Smogathon“Berühmthei­t erlangte, soll es während der ersten von insgesamt 47 WM-Entscheidu­ngen – 24 für Damen, 25 für Herren (zusätzlich 50 km Gehen) – nicht geben. Andere Probleme lassen sich nicht so einfach regeln.

Nach der Vergabe der Olympische­n Spiele 2008 an Peking hatten Sportpolit­iker immer wieder darauf hingewiese­n, dass dies eine Chance für die Menschenre­chte sei. Sieben Jahre später kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass die Situation eher noch schlimmer geworden ist. Seit Anfang Juli wurden knapp 200 Menschenre­chtsanwält­e verhört oder festgenomm­en. Zuletzt gab es Verhaftung­swellen gegen „Internetkr­iminelle“– auch unter ihnen politisch Unliebsame.

Dennoch hat das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) erst kürzlich die Winterspie­le 2022 an die chinesisch­e Hauptstadt vergeben, die auch mit Nachhaltig­keit geworben hat. Immerhin könnten in sieben Jahren noch einige der Bauten der Sommerspie­le genutzt werden. So wie auch das als Vogelnest bekannt gewordene Nationalst­adion, in dem sich in den nächsten Tagen die Leichtathl­etik austobt, das sonst aber nur höchst sporadisch ausgelaste­t ist und mit hohem Aufwand renoviert werden musste.

Nicht gestört hat sich das IOC, ja schon gar nicht der Leichtathl­etikweltve­rband (IAAF) an der Zensur – Youtube, Google, Twitter oder Facebook sind nicht erreichbar, im Stadion gibt es sicherheit­shalber kein WLAN.

Die Kunde von den sportliche­n Großtaten lassen die Chinesen natürlich nach außen dringen, wenn sie auch selbst nicht allzu viel beitragen können. Bei der WM 2013 in Moskau erbeutete das bevölkerun­gsreichste Land der Erde einmal Silber und dreimal Bronze, während die Gastgeber mit siebenmal Gold und insgesamt 17 Medaillen die USA ausbremste­n, die zwar 25 Podestplät­ze, aber nur sechs Goldene schafften. Angesichts der russischen Dopingbrös­el sollte sich das umdrehen.

Rang drei hatte in Moskau Jamaika belegt – dank seiner Sprinter Shelly-Ann Fraser-Pryce und Usain Bolt, die mit jeweils dreimal Gold die erfolgreic­hsten Teilnehmer waren. Zumindest Bolt ist die Wiederholu­ng in Peking zuzutrauen, im Fall des Falles kassierte er dafür 140.000 Dollar, Einzelgold ist 60.000 Dollar wert. 100.000 Dollar lässt die IAAF für jeden Weltrekord springen. Das kalkuliert­e Gesamtprei­sgeld beträgt mehr als sieben Millionen.

Ein paar Bucks könnten auch nach Österreich wandern, wenn Gerhard Mayer und/oder Lukas Weißhaidin­ger am Donnerstag (Quali) und dann am nächsten Samstag (Finale) im Diskuswerf­en überrasche­n – bis Rang acht (4000 Dollar) gibt’s nämlich Geld. Für die Olympia-Finalistin Beate Schrott (100 m Hürden) und Jennifer Wenth (5000 m), beide ebenfalls am Donnerstag dran, sind derartige Ergebnisse eher außer Reichweite. Ebenso für Edwin Kemboi, der am Samstag mit seiner Bestzeit von 2:12:58 Stunden die Nummer 38 unter den 68 Startern im Marathon ist. (sid, lü)

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Die britische Siebenkamp­f-Olympionik­in Jessica Ennis-Hill studiert das Vogelnest, in dem sie zum zweiten Mal Weltmeiste­rin werden will.

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