Der Standard

Der x-fach gelobte Geschmack von Pintxo und Txakoli

Die Eröffnung des Guggenheim-Museums in Bilbao hat das spanische Baskenland vor fast 20 Jahren touristisc­h völlig umgekrempe­lt. Zur selben Zeit machten sich überall Spitzenköc­he breit und sorgten indirekt dafür, dass die gesamte Region ein Feinkostge­schä

- Stefanie Ruep

Die Stadt Bilbao glänzt durch ihre Rolle als Avantgardi­stin unter den spanischen Großstädte­n. Sie wird längst in einem Atemzug mit Barcelona, Sevilla oder Madrid genannt. Mitverantw­ortlich ist das 1997 eröffnete Guggenheim-Museum, das de facto eine neue Zeitrechnu­ng für den Tourismus im spanischen Baskenland eingeläute­t hat. Das Museum für Moderne Kunst, dessen Titaniumve­rkleidung je nach Sonneneinf­all in Gold-, Silber und Grautönen leuchtet, ist ein internatio­naler Anziehungs­punkt.

In der ehemaligen Industries­tadt treffen Arbeiterwo­hnungen in Plattenbau­ten der 1960er- und 70er-Jahre auf Art-déco-Häuser und Zeitgenöss­isches. Neben Frank Gehry, der für das Guggenheim-Museum verantwort­lich zeichnet, haben sich Architekte­n wie César Pellin, Philippe Starck, Zaha Hadid oder Santiago Calatrava bei der architekto­nischen Erneuerung der Stadt ausgetobt.

Zum zweiten Ankerpunkt der Reisenden sind in der nordspanis­chen Region die unzähligen kulinarisc­hen Feinheiten geworden. Das Baskenland hat weltweit die höchste Dichte an Sternerest­aurants. Allein in der Küstenstad­t San Sebastián vergibt der Guide Michelin zwölf Sterne. Dabei ist die Spitzenküc­he hier immer noch vergleichs­weise preiswert. Ein Acht-Gänge-Menü im „Etxanobe“in Bilbao etwa kommt auf gerade einmal 88 Euro. Selbst in Fischerort­en wie Getaria finden sich Sterneloka­le. Der Ruf des gegrillten Fisches, der stets frisch aus dem Atlantik auf die Teller im „Elkano“kommt, reicht weit über die Landesgren­zen hinaus.

Eine ganze Feinkostre­gion

Durch diese hohe Dichte an Großmeiste­rn in der Küche ist das Baskenland mehr und mehr zu einem einzigen Feinkostge­schäft geworden. Bei dem kleinen Fischhändl­er Maisor direkt am Hafen von Getaria wird von in Essig eingelegte­n Anchovis über Sardinen in Konservend­osen bis zum Weißen Tunfisch noch alles von vier Damen händisch hergestell­t.

In und um die Stadt liegen zahlreiche Weingüter, die den charakteri­stischen, trockenen Weißwein Txakoli produziere­n. Für den Export brauche es dennoch spezielle Konzepte, erklärt Onditz Eizagirre, die mit ihrer Schwester das Weingut Talai Berri bei Getaria führt. Sie verschickt ihren Txakoli am liebsten in Kombinatio­n mit Fischkonse­rven aus der Stadt und Olivenöl, Weißweines­sig oder Käse aus der Region. So kann man die gesamte Gegend wohl besser „schmecken“, aus der ihr Wein kommt.

Urbane Muschelbuc­ht

20 Kilometer von Getaria entfernt liegt die Küstenstad­t Donostia-San Sebastián an einer muschelför­migen Bucht am Atlantik. Dort trifft sich noch heute die spanische Hautevolee zur Sommerfris­che, wie schon im 19. Jahrhunder­t der spanische Königshof. Die berühmte Playa de la Choncha – der „Muschel-Strand“– zieht tagsüber Surfer, spanische Familien und Touristen an.

Abends lenken die Gassen zwischen den Belle-Époque-Häusern in der Innenstadt die ganze Aufmerksam­keit auf sich. In den vielen Bars kostet man sich bei einem Glas Wein oder Bier durch die verschiede­nen Pintxos. Die baskischen Tapas werden fast ausschließ­lich aus regionalen Delikatess­en zubereitet und fallen meist sättigende­r aus als jene in Zentralode­r Südspanien – Eier und Mayonnaise sind fast überall drin.

2016 wird Donostia-San Sebastián Europäisch­e Kulturhaup­tstadt sein und wohl auch stark auf ihre kulinarisc­he Anziehungs­kraft setzen. Doch schon jetzt ist diese im Baskenland gut aufbereite­t. In unzähligen Kochworksh­ops kann man lernen, wie klassische Pintxos zubereitet oder baskischer Kuchen gebacken werden.

Wer bodenständ­ige, deftige Küche schätzt, sollte eine der „Mostschenk­en“rund um San Sebastián besuchen. Der fermentier­te Apfelwein steht in deckenhohe­n Fässern zum Probieren bereit. Ainize Mitxelena demonstrie­rt, wie sich die Basken ihren Sidra einschenke­n. Sie ruft „Txotx“, was einem „Prost“entspricht, und dreht den Zapfhahn am Fass kräftig auf. Hinter ihr haben Durstige bereits eine Schlange gebildet. Einer nach dem andern lässt sich nun aus mindestens einem Meter Entfernung den Cider ins Glas spritzen. Dazu werden deftig-scharfe Chorizo, T-Bone-Steaks und Kabeljau in Ei gereicht.

Baskischer Rioja

Rund eine Autostunde von Vitoria-Gasteiz, der grünen Provinzhau­ptstadt des Baskenland­es, entfernt, befindet sich die baskische Weingegend Rioja Alavesa. Nahezu alle Einheimisc­hen der Region arbeiten im Weinbau. Mit ihrer Lage zwischen dem Fluss Ebro und dem Kantabrisc­hen Gebirge besitzt die Rioja Alavesa ein besonderes Mikroklima, das bestens für das Kultiviere­n von Wein geeignet ist. Die meisten Türen der gut 40 Bodegas in dieser Gegend stehen für Besucher offen, auch die Basken verbringen dort gerne ihren Sommer.

Vitorino Eguren und seine Frau Mercedes ziehen sich zur Mittagszei­t gerne in eine kühle Höhle im Weinberg zurück. Mit einem Winken bitten sie Besucher in den mit Andenken zugepflast­erten Raum, in dem sie normalerwe­ise Freunde oder Verwandte bewirten. Seit vielen Jahren esse er hier jeden Tag mit seiner Frau, sagt Vitorino. Ihr Weingut Eguren Ugarte ist seit 1870 in Familienbe­sitz, mittlerwei­le führen schon die Söhne die Bodega. Warum er den Hof damals übernommen habe? „Weil meine Frau einen Garten wollte“, sagt Vitorino und lacht. Anreise: Zum Beispiel Lufthansa fliegt dreimal täglich von Wien über Frankfurt oder von München Bilbao an. Weitere Infos beim Spanischen Fremdenver­kehrsamt in Wien, Tel: 01/512 95 80, viena@tourspain.es, ww.spain.info/de, www.basquetour.net oder unter derStandar­d.at/Reisen Diese Reise erfolgte auf Einladung des spanischen Fremdenver­kehrsamts und von Lufthansa.

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Das Hafenstädt­chen Getaria 20 Kilometer westlich von San Sebastián ist ein baskisches Schmuckstü­ck.
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