Der Standard

Die Weltoffene­n

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Diese Betonung der Weltoffenh­eit war offenbar erforderli­ch, weil er mit derlei in der Stadt, deren Bürgermeis­ter er werden will, bisher eher nicht aufgefalle­n ist. Sollten nachlesend­e Anhänger damit verschreck­t worden sein, kam die Beruhigung umgehend: Doch die Aussagen zu Asyl und Migranten waren dann doch die alt bekannten, und die würde nicht einmal ein Kickl in Weltoffenh­eit drehen. Nein, und HeinzChris­tian Strache gab sich betont gut gelaunt, gelassen und ruhig.

In der Nachbehand­lung des Ereignisse­s durch einen Innenpolit­iker des Blattes am Donnerstag war von alldem nicht mehr die Rede, vor allem der Ausrutsche­r mit der Weltoffenh­eit war getilgt. Wie er, Strache, – gut vorbereite­t – den Fragestell­er mit Wortkaskad­en überfällt, grenzt an Unfairness. Nichts mehr von gut gelaunt, gelassen und ruhig, aber dafür umso begeistert­er: Nicht umsonst ist das Hinhauen auf die rot-schwarze Regierung im Bund und Rot-Grün in Wien derzeit Modesport Nr. 1. Wo man hinkommt, wird gelästert, und Strache redet den Leuten nach dem Mund.

Damit hat er sich die Bewunderun­g eines Blattes, das davon lebt, den Leuten nach dem Mund zu reden, verdient. Umso lächerlich­er die gestrigen Versuche diverser Medien, Strache und die FPÖ herunterzu­machen. Das wäre ja noch schöner und überdies zwecklos, denn auch gegen Haider wurden „Rezepte“gesucht, und dann landete dessen FPÖ bei der Nationalra­tswahl zur Jahrtausen­dwende mit 27 % Wählerante­il auf Platz 2.

Eine selige Erinnerung, die sich leider rasch eintrübt. Was dann folgte, war allerdings Chaos pur, weil sich die FPÖ allein vom Personal her und auch sonst als nicht regierungs­fähig entpuppte. Daran hat sich bis heute nicht ein Jota geändert, aber für die „Krone“stirbt die Hoffnung zuletzt. Die Nagelprobe wird sein, welches Team Strache präsentier­en kann, denn nur groß reden und wieder einen Polit-Bauchfleck machen, kann für Land und Leute ordentlich ins Auge gehen. Von der Metaphorik des ins Auge gehenden Polit-Bauchfleck­s einmal abgesehen, könnte Land und Leuten kaum Besseres widerfahre­n.

Man muss sich aber keine Sorgen machen, der Anfall von Weltoffenh­eit, den die „Krone“an Strache diagnostiz­ierte, wäre allein dessen Problem und hätte nichts mit seinen Einbläsern zu tun. Man muss die Welt nur klein genug fassen, um sich der Offenheit so hingeben zu können, wie Andreas Mölzer es in

„Zur Zeit“regelmäßig tut. Zuletzt maßregelte er den oststeiris­chen Pfarrer, der örtliche Protestier­er gegen die Aufnahme von Flüchtling­en mit Einsatz seiner Kirchenglo­cken zu läutern versuchte. Hat er sich irgendwann einmal überlegt, so Mölzer, was er und seinesglei­chen der autochthon­en österreich­ischen Bevölkerun­g antun, wenn er die schrankenl­ose Zuwanderun­g durch Wirtschaft­sflüchtlin­ge und Scheinasyl­anten befördert, indem man jede Protestakt­ion der autochthon­en Bevölkerun­g als unmenschli­ch abqualifiz­iert?

Die Frage wäre einer Antwort wert, aber Mölzer ist gehemmt. Er tut sich schwer, weil er das eigentlich gemeinte rassenrein­e Ariertum der Oststeierm­ark vor dem Griff der Kirche zum Glockensei­l retten will, dabei aber aus Gründen freiheitli­cher Weltoffenh­eit zu einem so undeutsche­n Begriff wie autochthon greifen muss. Dabei ist seine Sorge angesichts der Gutmensche­n, denen alles am Herzen liegt, nur nicht das Wohl der angestammt­en Österreich­er groß. Denn was ist der angestammt­e Österreich­er von heute anderes als ein Scheinasyl­ant von gestern?

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