Der Standard

Die Musik mit Fingerherz­chen garnieren

Erste Höhepunkte beim Frequency-Festival

- Stefan Weiss

St. Pölten – Die Hinweistaf­eln entlang der Landstraße muten prophetisc­h an: „Sportlerfe­st“, „Westernpar­ty in Zagging“, „Riesen Heidelbeer­en selberpflü­cken“, „Erlebnissp­ielplatz“. Am Ende der Straße liegt Sankt Pölten. Und dort findet in etwa genau das gerade statt. Das FM4-Frequency-Festival feiert 15 Jahre Bestand, zum siebenten Mal bespielt man das VAZ-Gelände in der niederöste­rreichisch­en Landeshaup­tstadt. 120 Konzerte gehen beim einstigen Alternativ­eFestival über die Bühne. Heute ist es ein Volksfest, das längst auch andere Genres bedient.

„Way to Madness“steht in riesigen Buchstaben über dem Eingang. Dahinter wartet ein Labyrinth aus Sperrgitte­rn und etlichen Wassergräb­en. Schon ab Dienstag stand gegen ein kleines Aufgeld das Gelände an der Traisen für Camper bereit. Zelte können am Ende des Festivals für das Flüchtling­slager Traiskirch­en gespendet werden.

Ein bisschen Radical Chic

Musikalisc­h nahm das Festival am Donnerstag­abend richtig Fahrt auf. Die irische Kuschelroc­kband The Script gab ihr erstes Österreich-Konzert. Zu Ohrwürmern wie Breakeven und Superheroe­s formte Sänger Daniel O’Donoghue kleine Fingerherz­chen. José González lieferte auf der kleineren Bühne die melancholi­sche Fassung davon. Der sanfte SingerSong­writer aus Schweden wurde bekannt durch seine Akustiknum­mern Crosses oder Heartbeats.

Die Hip-Hop-Formation K.I.Z baute bei ihrer Fascho-Satire auf einen Haufen Uniformier­ter mit Sturmgeweh­ren, meterhohe Marmorstat­uen ebensolche­r und Illuminate­n-Symbolik. Für den größten Besucheran­drang am Donnerstag sorgte der deutsch-amerikanis­che Rapper Casper, der bei seinen Livekonzer­ten mit Rockband auftritt. Neben viel Schunkelmu­sik und einem Bilderbuch­Cover gab es auch ein bisschen linken Radical Chic, der in einer gemeinsame­n Zugabe mit den Kollegen von K.I.Z gipfelte.

Gefühl für Dramatik

Die Elektronik­er The Chemical Brothers – mit Tom Rowlands steht derzeit nur ein originaler Bruder am Gerät – waren am Donnerstag Headliner auf der großen Bühne. Im Unterschie­d zu dem davor vom Publikum abgefeiert­en EDM-Duo Major Lazer haben die reiferen Herren der Chemical Brothers noch Gefühl für Dramatik. Es fasziniert das Dunkle und Störende an ihren Deejay-Sets. Da wird auch noch so mancher Höhepunkt abgewürgt und nicht alle 30 Sekunden mit einem anderen beliebigen Hit aus den Charts auf den nächsten Drop hingearbei­tet.

Am Freitag standen mit The Prodigy weitere Pioniere des Big Beat auf dem Plan. Im Songwriter-Fach trat der US-Amerikaner William Fitzsimmon­s an. Heute, Samstag, wärmt der Elektronik­musiker Fritz Kalkbrenne­r das Publikum für den musikalisc­h interessan­testen Act des Festivals auf. Der gefeierte USRapper Kendrick Lamar gibt sein Österreich-Debüt.

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