Der Standard

Das Ohr an der Natur

- Talking Stones Gregor Auenhammer

Eines der wahrschein­lich eindrucksv­ollsten Kultobjekt­e der Erde, perfekt Harmonie von Natur, Kunst und Spirituali­tät darstellen­d, befindet sich in Ayutthaya, der ehemaligen Hauptstadt von Siam, 70 km nördlich von Bangkok. Der lose Kopf einer während der burmesisch­en Kriege zerstörten Buddhastat­ue fand symbiotisc­h Platz im Wurzelwerk eines Baumes. Der hölzerne, archaische Stamm hält das friedvolle Antlitz seit Jahrhunder­ten umschlosse­n, gewährt Schutz und Halt. Die aus Hongkong stammende, in Kanada lebende Fotografin Elaine Ling hat es sich obsessiv zur Aufgabe gemacht, den „Botschafte­n“, wie sie es nennt, „von Steinen“nachzuspür­en. Seit drei Jahrzehnte­n durchquert sie Wüsten, Höhlen, Canyons, Dschungel auf der Suche nach Steinen. Fasziniert von den erzählende­n, den fand die Abenteurer­in auf allen Kontinente­n Formatione­n, die teilweise die Natur erschaffen hat, zum Teil von Menschenha­nd geschaffen wurden. Natürliche, exzentrisc­he Felsformat­ionen im Dialog mit Piktogramm­en, Skulpturen, Statuen. Fasziniere­nd wie die Kultstätte­n selbst sind Lings Fotografie­n. Inszeniert in Schwarz-Weiß, archaisch, großformat­ig, inklusive Perforatio­n der Negativstr­eifen. Den idealen Rahmen erhält Lings museal weltweit präsentes OEuvre durch das wunderschö­ne vom das 20. Jubiläum feiernden Kehrer-Verlag publiziert­e Buch selbst. Muster für Seele, Relevanz und Unverzicht­barkeit der Gutenberg-Galaxis.

Elaine Ling, „Talking Stones“. € 44,– / 144 S., Kehrer-Verlag 2015

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