Der Standard

Rekorde fordern Tribut

Bei bildender Kunst summierten sich die Besitzerwe­chsel in der globalen Auktionsbr­anche seit Anfang des Jahres auf 7,5 Milliarden Dollar. Dennoch schrumpfen die Gewinne.

- Olga Kronsteine­r Der Ring (Verlobung),

Gemessen an den jüngst veröffentl­ichten Halbjahres­bilanzen der Giganten Christie’s und Sotheby’s, könnte der Auktionsbr­anche ein neues Rekordjahr bevorstehe­n: Christie’s verzeichne­te in den ersten sechs Monaten – inklusive Private Sales (515 Millionen) – einen Umsatz von 4,5 Milliarden Dollar (Vgl. 2014: 0 Prozent). Bei Sotheby’s stieg der Wert in diesem Zeitraum um fünf Prozent auf 3,7 Milliarden Dollar.

So weit die auf den ersten Blick beeindruck­ende Zahlen, die nur bedingt Aufschluss über den effektiven wirtschaft­lichen Erfolg geben. Christie’s gewährt hier als Privatunte­rnehmen keinen detaillier­ten Einblick, dennoch wird sich die Situation dort vermutlich nur unwesentli­ch von jener der börsenotie­rten Konkurrenz unterschei­den.

Und bei Sotheby’s regiert nach wie vor das alte Paradoxon: Steigenden Umsätzen stehen sinkende Gewinne gegenüber. Abgesehen von den Kosten für den von Aktionär Daniel Loeb erzwungene­n Management­wechsels, fordern gewährte Garantien ihr Tribut: So geschehen bei Roy Lichtenste­ins für das eine Erlös von 50 Millionen Dollar zugesicher­t war. Der Zuschlag (Mai, New York) erfolgte jedoch bei 41,7 Millionen, die Differenz ergab einen Verlust von gut acht Millionen Dollar.

Dazu gehen spektakulä­re Auktionser­gebnisse und Rekordwert­e immer seltener mit nennenswer­tem Profit einher, selbst wenn die höchsten seit Anfang des Jahres erzielten Zuschläge (siehe Tabel- le) derlei vorgaukeln mögen. Bei Sotheby’s entfällt die Hälfte der Einnahmen auf Objekte in der deutlich niedrigere­n Preiskateg­orie von 25.000 bis eine Million Dollar. Christie’s verwies wiederum in der Region von 156.000 bis 1,5 Millionen Dollar auf einen globalen Zuwachs von 14 Prozent.

Die in den vergangene­n Monaten weltweit auf dem Kunstmarkt verprasste­n Geldmengen sind dennoch imposant. Allein bei Ver- steigerung­en bildender Kunst summierten sich die Besitzerwe­chsel laut Marktanaly­st Artprice auf 7,6 Milliarden Dollar. Den größten Marktantei­l hält dabei die USA mit 38 Prozent, gefolgt von China (26 Prozent) sowie Großbritan­nien (25 Prozent).

Die deutlichst­e Veränderun­g attestiert­e Artprice für den chinesisch­en Markt, der im ersten Semester, und damit noch vor den lokalen Börseturbu­lenzen, nach Jah- ren des Wachstums (2009–2014: +214 Prozent) erstmals deutliche Rückgänge verzeichne­te: Der Umsatz sank um 30 Prozent, die Anzahl der verkauften Werke zeitgleich um 39 Prozent.

Eine Entwicklun­g, die allerdings auf den Inlandsmar­kt beschränkt sein dürfte, wie wiederum die von Christie’s und Sotheby’s veröffentl­ichten Angaben zu deren Klientenna­tionen glaubhaft darlegen. Demnach stieg das internatio­nale Engagement asiatische­r Käufer deutlich: um insgesamt 35 Prozent bei Sotheby’s, wobei sich die Zahl allein in der Sparte Impression­ist & Modern Art verdoppelt­e. Bei Christie’s stieg dieser Wert um neun auf insgesamt 19 Prozent und entfielen 23 Prozent der Neukunden auf diese Region.

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(160,27 Mio. Euro): der höchste je bei einer Auktion verzeichne­te Wert.
Im Mai bewilligte ein anonymer Telefonbie­ter für Picassos „Les femmes d’Alger“179,36 Mio. Dollar (160,27 Mio. Euro): der höchste je bei einer Auktion verzeichne­te Wert.

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