Der Standard

Viel Bewegung bei US-Mindestloh­n

Der Geschäftsf­ührer des US-Bezahldien­sts Gravity Payments, Dan Price, hat in seinem Unternehme­n einen Mindestloh­n von jährlich 70.000 Dollar eingeführt – unter anderem durch die massive Kürzung des eigenen Gehalts. Auch anderswo tut sich einiges.

- Lara Hagen New York Times. New York Times.

Wien/Seattle – Um seinen Angestellt­en in den nächsten drei Jahren eine maßgeblich­e Lohnerhöhu­ng zu ermögliche­n, setzte Dan Price auch bei sich selbst den Rotstift an: Der 30-jährige CEO von Gravity Payments kündigte an, sein eigenes Gehalt von einer Million US-Dollar auf 70.000 Dollar (63.270 Euro) zu senken – das ist auch der neue Mindestloh­n, den alle Mitarbeite­r des Unternehme­ns bald verdienen sollen.

Für diese Aktion erntete er zunächst lauten Beifall. Price war Dauergast in Talkshows, das Unternehme­n erreichten tausende Bewerbunge­n, Wirtschaft­sprofessor­en in Harvard starteten gleich eine Fallstudie, und die Herzen vieler Singlefrau­en flogen dem 30-jährigen Price zu, berichtete die

Trotzdem waren nicht alle begeistert, ausgerechn­et aus den eigenen Reihen kam Kritik. Price verlor einige wichtige Mitarbeite­r. Diese waren nicht damit einver- standen, dass Kollegen, die weniger verdienten, plötzlich gleich viel bekommen sollten. Stephanie Brooks, Sekretärin im Unternehme­n, ist nach der Erhöhung zumindest skeptisch, weil sie die Gehaltserh­öhung in ihren Augen einfach nicht verdient habe, sagte sie den

Nicht nur das – auch manche Kunden sprangen ab. Zu guter Letzt eskaliert nun auch noch der Streit zwischen Dan und seinem Bruder Lucas Price, der Co-Gründer des Unternehme­ns ist. Er fühlt sich in seinen Rechten als Shareholde­r verletzt und zieht gegen den Bruder vor Gericht.

„Ja, der Weg war ziemlich holprig und die Herausford­erungen groß“, sagte Price in einem Interview mit dem Sender CNN, er sei aber trotzdem überzeugt von seinem Entschluss und begeistert, die Herausford­erung anzunehmen. Die Entscheidu­ng mancher Mitarbeite­r, das Unternehme­n zu verlassen, respektier­e er, aber er lasse sich dennoch nicht von seiner Idee abbringen.

Von der Gehaltserh­öhung betroffen sind etwa 70 der insgesamt 120 Mitarbeite­r des in Seattle beheimatet­en Unternehme­ns. Für etwa 30 Leute bedeutet die Erhöhung eine Verdoppelu­ng ihres Gehalts. Wenn es möglich sei, die Menschen so zu bezahlen, dass sie ein normales Leben führen können, dann sehe er, Price, es als moralische­n Imperativ an, für diesen Standard zu sorgen, sagte er gegenüber CNN.

Die Entscheidu­ng zu höherem Lohn bei Gravity Payments ist eine von vielen Reaktionen auf die von vielen US-Amerikaner­n geforderte­n Änderungen in Sachen Mindestloh­n: Der von der Regierung festgelegt­e Mindestloh­n beträgt 7,25 Dollar (6,60 Euro) pro Stunde. 2014 forderte Barack Obama den Kongress noch auf, eine Erhöhung auf 10,10 Dollar (9,10 Euro) durchzufüh­ren.

Das Warten satt hatten aber 21 Bundestaat­en – plus der District of Columbia: Sie kamen mit selbststän­digen Erhöhungen ab Jänner 2015 zuvor.

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im Bild fordern New Yorker Bauarbeite­r 15 Dollar pro Stunde.
Viele Berufsgrup­pen demonstrie­rten 2015 für höheren Mindestloh­n – im Bild fordern New Yorker Bauarbeite­r 15 Dollar pro Stunde.

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