Der Standard

Komplizens­chaft

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Vor Jahrzehnte­n hatte die Krone eine antisemiti­sch angehaucht­e Serie mit dem Titel „Die Juden“. Riesige Plakate mit dem Bild eines orthodoxen Juden bewarben diese Serie. Der damalige Kardinal Franz König intervenie­rte daraufhin beim Eigentümer Hans Dichand senior. Die Serie wurde abrupt abgebroche­n.

Kardinal Christoph Schönborn ist ständiger Kolumnist in der

Krone. Am Montag will er im Stephansdo­m einen Gedenkgott­esdienst für die 71 Todesopfer aus dem Schlepper-Lkw halten. Wäre es zu viel verlangt, dass er vorher mit dem Chefredakt­eur Christoph Dichand ein Gespräch führt über die Veröffentl­ichung eines Fotos der zusammenge­pressten Leichen im Lkw in ebenjener Krone? In den sozialen Medien tobt die Debatte über dieses Foto. Manche meinen, die Veröffentl­ichung zeige eben die Dramatik der Flüchtling­ssituation. Wären die auch dafür, die zerfetzten Leichen von Autounfäll­en zu zeigen? Es warat wegen der Dramatik? Beim Presserat sind schon über ein Dutzend Beschwerde­n eingelangt. Andreas Koller, Sprecher eines der Senate im Presserat, spricht von der „Würde des Menschen auch im Tod“. Und fügt hinzu: „Offensicht­lich besteht hier eine Komplizens­chaft zwischen den Sicherheit­sbehörden und der Krone. Diese Form der ,Öffentlich­keitsarbei­t‘ ist widerwärti­g.“

Was sagt die von den toten Flüchtling­en sichtbar erschütter­te Ministerin dazu?

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