Neuerlich 200 Tote vor Libyens Küste
Seit Jahresbeginn sind bereits mehr als 300.000 Menschen übers Mittelmeer geflohen
Seit Beginn des Jahres haben nach Angaben der Vereinten Nationen bereits mehr als 300.000 Flüchtlinge den Weg über das Mittelmeer nach Europa genommen. Rund 2500 Menschen seien dabei ums Leben gekommen, sagte die Sprecherin des UNFlüchtlingshilfswerks (UNHCR), Melissa Fleming, am Freitag.
Fast 200.000 Menschen erreichten demnach Griechenland, weitere 110.000 gelangten nach Italien. Im Vorjahr flohen insgesamt 219.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa, so Fleming.
Bei der neuen Flüchtlingstragödie im Mittelmeer sind nach Angaben der libyschen Küstenwache mindestens 200 Menschen ums Leben gekommen. Zahlreiche Leichen seien am Freitag an Land gespült und geborgen worden, be- richtete ein Sprecher der Küstenwache. Unter den Opfern seien auch Kinder. Die Küstenwache versuche, die endgültige Zahl der Toten festzustellen.
Vor der Küste der libyschen Stadt Zuwara im Nordwesten des Landes waren nach Medienberichten zuvor zwei Flüchtlingsschiffe gekentert. Der britische Sender BBC zeigte am Freitag in der Früh Fernsehbilder von zahlreichen Leichensäcken. Das UNFlüchtlingshilfswerk UNHCR meldete, die Küstenwache habe zehn Kilometer vor dem Hafen von Zuwara zwei Rettungseinsätze gestartet. An Bord der Schiffe seien rund 500 Menschen gewesen. Überlebende wurden demnach an Land gebracht.
Ein Aktivist des Zuwara-Medienzentrums erklärte, 190 Men- schen seien gerettet worden. Eine UNHCR-Sprecherin in Libyen sagte, es gebe sehr unterschiedliche Opferzahlen, die zunächst nicht verifiziert werden konnten. Bei den Toten soll es sich vor allem um Afrikaner und Syrer handeln. Die libyschen Kräfte hatten große Probleme, die Opfer zu retten und die Toten zu bergen. Ein Mitarbeiter des libyschen Roten Halbmonds sagte, man tue alles, um die Flüchtlinge zu retten, habe aber nur wenig Kapazitäten dafür.
Täglich fliehen Hunderte
Libyen ist zum wichtigsten Ausgangspunkt für die Flucht über das Mittelmeer geworden. Täglich versuchen derzeit hunderte Menschen, von Afrika nach Europa zu gelangen. Dabei kommt es immer wieder zu Unglücken.
Die Küstenstadt Zuwara gehört zu einer der wichtigsten Anlaufstellen für Flüchtlinge. Tausende versuchen, von hier aus nach Europa zu kommen. Die libyschen Behörden sind mit der großen Zahl an Flüchtlingen überfordert. Am Donnerstagabend protestierten Hunderte in Zuwara gegen organisierte Schlepperbanden. „Wir haben die Nase voll“, sagte ein Anrainer der Stadt. Die Demonstranten trugen Schilder mit der Aufschrift: „Mit wie vielen Leichen habt ihr eure Autos bezahlt?“
Seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 versinkt das Land im Chaos. Gespräche über eine friedliche Lösung der Krise unter Vermittlung der Uno kommen nur schleppend voran. Das Chaos machen sich die Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) und andere Extremisten zunutze, die zahlreiche Gebiete beherrschen. (dpa, red)