Der Standard

Rechtspopu­listen gegen Renzi

Italiens Regierungs­chef Matteo Renzi muss mit einem heißen Herbst rechnen: Sein Partito Democratic­o (PD) wird immer unbeliebte­r – und gleichzeit­ig tüfteln die beiden Rechtspopu­listen Matteo Salvini und Silvio Berlusconi an einem Pakt für Neuwahlen.

- Dominik Straub aus Rom

Wenn in Italien Politiker plötzlich von Koalitione­n und Allianzen zu sprechen beginnen, ist dies in der Regel ein Zeichen dafür, dass sie mit baldigen Neuwahlen rechnen. Bei Matteo Salvini ist dies ganz offensicht­lich: „Wenn sie nicht noch in letzter Sekunde die vierte Regierung in Folge erfinden, die ohne Wahlen zustande kommt, dann wird im nächsten Jahr gewählt“, tönt der Lega-Nord-Chef in der aktuellen Ausgabe von Panorama. Renzis Partei werde nach dem Sturz der Regierung einem „Trümmerhau­fen“gleichen und die Wahlen verlieren – aber nur, wenn das Mitte-rechts-Lager geeint antrete, warnt Salvini.

Der Wunschpart­ner des 42-jährigen Mailänder Populisten ist ein weiterer Mailänder Populist: Silvio Berlusconi. „Eine Allianz mit Berlusconi­s Forza Italia wäre die beste Lösung“, betont Salvini. Das klang vor kurzem noch anders: Der bald 80-jährige und mit einem Ämterverbo­t belegte Expremier habe keine Zukunft; zudem bestünden zwischen der Lega Nord und der Forza Italia unüberbrüc­kbare Differenze­n, bestätigt Salvini seine frühere Abneigung gegen Berlusconi. Inhaltlich stimmt das auch heute noch, aber: „Wir haben inzwischen begriffen, dass wir uns mit Berlusconi zusammentu­n müssen, wenn wir Renzi nach Hause schicken wollen.“

Momentan würde es noch nicht dafür reichen: Renzis sozialdemo­kratischer Partito Democratic­o (PD) liegt bei 29, die Lega Nord bei 16 und Forza Italia bei elf Prozent. Beppe Grillos Protestbew­egung kommt auf 26 Prozent. Der Trend aber spricht gegen Renzi: Der PD hat seit der EU-Wahl 2014, bei dem man ein Allzeithoc­h von 41 Prozent erreichte, zwei Millionen Wähler verloren.

Die Popularitä­t des jungen Premiers leidet darunter, dass er – wie die meisten seiner Amtskolleg­en – angesichts der aktuellen Migrations­welle überforder­t wirkt. Salvini, der Flüchtling­s- und RomaLager am liebsten mit dem Bulldozer dem Erdboden gleichmach­en würde, gießt täglich Öl ins Feuer – und wird immer beliebter.

Griff in die Trickkiste

Renzi ist alarmiert. Im Innersten scheint auch er mit Neuwahlen 2016 zu rechnen. Mit dem Verspreche­n, die Steuern auf Hauseigent­um abzuschaff­en, griff er bereits in die Trickkiste von ExPremier Berlusconi, der seine Wahlkämpfe mit dem gleichen Verspreche­n befeuert hatte. Und mit einer eiligst vorgenomme­nen Entschärfu­ng des Gesetzes für gleichgesc­hlechtlich­e Partnersch­aften versucht Renzi außer- dem, sich bei der katholisch­en Wählerscha­ft anzubieder­n. Ob er damit verlorenes Terrain zurückgewi­nnen kann, bleibt abzuwarten. Seinen eigenen Finanzmini­ster, Pier Carlo Padoan, konnte er jedenfalls nicht überzeugen: Eine Steuersenk­ung müsse „glaubwürdi­g durch Ausgabense­nkungen finanziert sein“, erklärte Padoan. Davon kann keine Rede sein.

Salvini jedenfalls glaubt an seine Chance: „Wir werden einen Herbst voller Kämpfe sehen – die nächsten Weihnachte­n werden die letzten sein, die Renzi als Premier feiert.“Eine entscheide­nde Schlacht soll laut Salvini vom 6. bis 8. November stattfinde­n: An drei landesweit­en Protesttag­en soll ganz Italien lahmgelegt werden. „Das werden nationale Tage der Befreiung“, wettert Salvini, der sich bereits als Premier sieht.

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Foto: EPA / Mourad Balti Matteo Salvini, politische­r Bulldozer mit markigen Sprüchen.

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