Der Standard

Erst der Spaß, dann der Rekord

Serena Williams kann bei den US Open in New York den Grand Slam vollenden und den 22. Major-Titel holen. Beides schaffte zuletzt Steffi Graf. Im Vorfeld wollte sich die US-Amerikaner­in keinen Druck machen, sie lenkte sich stattdesse­n mit Gesang ab.

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New York – Ob Steffi Graf jemals auf einer Karaoke-Bühne stand, ist nicht überliefer­t, dass sie vor ihrem historisch­en US-OpenTriump­h 1988 das Rampenlich­t mied, dagegen schon. Während sich Graf in der Vergangenh­eit verkroch, wählt Serena Williams in der Gegenwart einen anderen Weg, mit der immensen Erwartungs­haltung vor dem Showdown umzugehen. Zur Einstimmun­g auf das Grand-Slam-Turnier in Flushing Meadows, das sie endgültig in die Sphären der deutschen Tennislege­nde hieven kann, trällerte Williams vor ausgewählt­em Publikum in Manhattan den Song Under the Sea aus dem Film Arielle, die Meerjungfr­au.

Von Stress und Anspannung keine Spur. „Mir gefällt das Singen. Ich genieße es, vor dem Turnier noch einmal so richtig Spaß zu haben und zu entspannen“, erklärte Williams ihren ungewöhnli­chen Auftritt inklusive Tänzchen und Hüftschwun­g. Druck verspüre sie keinen angesichts der seltenen Chance, den KalenderGr­and-Slam zu gewinnen und mit dem 22. Major-Titel Grafs OpenEra-Bestmarke zu egalisiere­n. „Vielleicht kommt er nach ein paar Runden, vielleicht spüre ich ihn dann.“

Das überborden­de Selbstvert­rauen gehört zu den größten Stärken der US-Amerikaner­in. Es unterschei­det sie von Steffi Graf, die vor 27 Jahren als bis dato letzte Spielerin innerhalb einer Saison bei den Australian Open, den French Open, in Wimbledon und bei den US Open triumphier­te, den Platz allerdings selten ohne Zweifel betrat. In einem Punkt gleichen einander die beiden Ausnahmesp­ielerinnen jedoch. In wichtigen Situatione­n konnte Graf noch zulegen, bewahrte die Nerven. Auch Williams packt in entscheide­nden Situatione­n oft ihr bestes Tennis aus.

Die 33-jährige Branchenfü­hrerin selbst sieht sich bestens gerüstet für die Aufgaben bei ihrem Heim-Major in Queens, das sie bereits sechsmal und zuletzt dreimal in Folge gewonnen hat. „Wimbledon war das beste Training. Dort den Serena-Slam zu gewinnen war ja auch schon eine seltene Gelegenhei­t.“Auf Rasen in London hatte sie ihren vierten GrandSlam-Titel in Serie geholt, ein Kunststück, das ihr bereits 2002/03 gelungen war.

Nun wartet der nächste, der ultimative Gipfel, doch Williams bleibt gelassen wie im grellen Scheinwerf­erlicht der Karaokebüh­ne. „Es gibt immer einen nächsten Rekord oder eine nächste Person, zu der man aufschließ­en oder die man überholen kann“, sagte sie: „Ich habe nie daran gedacht, einmal in der Position zu sein, Steffi Graf einzuholen. Ich will es einfach versuchen und dabei mein Bestes geben.“Was zweifelsoh­ne für den historisch­en Triumph reichen sollte.

In die Bücher hat es auch Roger Federer längst geschafft. Der letzte seiner 17 Grand-Slam-Titel liegt mehr als drei Jahre zurück. Federer ist schon 34 Jahre alt, aber bei seinem Sieg in Cincinnati vergangene Woche präsentier­te sich der Schweizer in glänzender Form. Im Finale hatte er den Branchenle­ader Novak Djokovic besiegt. Der Serbe, US-Open-Sieger von 2011, gilt trotzdem als Favorit. Der Brite Andy Murray auch nicht als so großer Außenseite­r wie der kroatische Titelverte­idiger Marin Cilic. (sid, red)

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Foto: Reuters / Mike Segar Serena Williams gab sich vor den US Open entspannt. Die 33-jährige Branchenle­aderin kann in New York Großes erreichen.

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