Der Standard

Lachen statt Brisanz

- Internatio­nale, Internatio­nale, Andrea Schurian Eroberung von Mexico Jedermann

Zuletzt gab’s dann ja Gott sei Dank doch noch ein kleines Skandälche­n bei diesen gemächlich ihrem Ende entgegenpl­ätschernde­n Salzburger Festspiele­n. Nämlich: Huch! Die Musiker intonierte­n beim die

als sie Heinz-Christian Strache im Publikum entdeckten. Bei den Blauen stieß die sanfte Provokatio­n zunächst, wenig erstaunlic­h, auf unverständ­ige Ohren. Hätte ja zur Inszenieru­ng gehören können, schließlic­h handelt Hofmannsth­als Drama davon, ob und wie sehr Geld und Kapital den Charakter verderben.

Interimsin­tendant Sven Eric Bechtolf und „Jedermann“Cornelius Obonya distanzier­ten sich anderntags. Eh in Ordnung, jeder hat ein Recht auf freie Meinungsäu­ßerung. Aber ein bisschen Widerborst­igkeit sollten Kunst und deren Konsumente­n schon vertragen. Pikanterie am Rande: Bekanntlic­h rufen die Freiheitli­chen auf ihren Plakaten für die Wiener Wahl die Oktoberrev­olution aus. Da passt die

die bis 1943 die Nationalhy­mne der aus der Oktoberrev­olution hervorgega­ngenen Sowjetunio­n war, wie die linke Faust aufs blaue Auge.

Und sonst? Zwar wurden die Subvention­en von 13,5 auf 16 Millionen Euro angehoben, aber das Budget von 64,7 auf 59,6 Miollionen gekürzt. Großsponso­ren wie Mont Blanc fielen aus. Nach Alexander Pereiras Festspiele­n der – zumindest quantitati­ven – Superlativ­e gab’s daher heuer ein Sparprogra­mm, statt 293 Vorstellun­gen wie noch 2013 nur mehr 188: drei Opern-, drei Sprechthea­terpremier­en, Wiederaufn­ahmen und ja, wunderbare Konzerte. Highlight der Festpiele war sicherlich Wolfgang Rihms

in der Inszenieru­ng Peter Konwitschn­ys, Gottseibei­uns gepflegter Opernlange­weile. Nicht nur hier wurde übrigens viel und rhythmisch geatmet, gehechelt und gekeucht. Atemübunge­n waren, scheint’s, Salzburgs heimliches Motto. Klang fast, als würde den Festspiele­n die Luft ausgehen. Aber Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Und das war heuer offenbar das zweite Motto. chade, dass ausgerechn­et unter einem Schauspiel­erIntendan­ten das Sprechthea­ter so derart zahnlos daherkam. Statt gesellscha­ftspolitis­cher Brisanz gab’s in Krisenzeit­en wie den unseren vor allem platte Sachen zum Lachen, die ebenso gut auf jede Sommerbühn­e zwischen Hinterwelt und Vorderdorf gepasst hätten.Vielleicht gefällt dies ja dem Kuratorium. (Apropos: Was ist eigentlich mit einer längst fälligen Modernisie­rung des Festspielg­esetzes?) Aber ob es Sponsoren und anspruchsv­olles Publikum bei Laune hält? Schon heuer sank die Besucherza­hl von 288.225 (im Jahr 2013) auf 262.893.

Wer zu viel übernimmt, übernimmt sich: Bechtolf ist ein großartige­r Künstler, der vieles kann, aber zu vieles macht. Bei zwei Inszenieru­ngen wird der Hauptjob – künstleris­che Gesamtleit­ung – zur Nebenrolle. Aber vielleicht zeigt er ja in seinem letzten Salzburg-Jahr, dass er’s richtig gut kann. Belanglosi­gkeit ist nämlich – künstleris­ch wie finanziell – - der Festspiele sicherer Tod.

S

Newspapers in German

Newspapers from Austria