Steueroptimierung: Herbert Stepics Selbstanzeige
Exbanker Herbert Stepic hat seine Investments breit gestreut: von der Farm bis zum Urlaubsdomizil. Aus seiner Selbstanzeige erschließt sich, dass er irrtümlich auch Einkünfte aus Schweizer Depots nicht versteuert hat.
Wien – Die Ermittlungen der Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu den steuerlichen Angelegenheiten von Herbert Stepic sind immer noch im Gange. Das Verfahren gegen den einstigen Vorstandsvorsitzenden der Raiffeisen Bank International (RBI; heute ist Stepic dort Konsulent) besteht aus zwei Strängen. Zum einen geht es um „irrtümlich nicht der Besteuerung unterzogene Einkünfte aus Kapitalvermögen“– dieser Strang basiert auf einer Selbstanzeige Stepics vom 22. Mai 2013.
Zum anderen hegt die Behörde rund um Wohnungsinvestments (in sogenannten Immobilienverwaltungs-Kommanditgesellschaften) den Verdacht auf Abgabenhinterziehung. Solche Investments dienen gemeinhin der „Steueroptimierung“; angeboten werden sie von vielen Gesellschaften. Diese Deals sind den Steuerprüfern aufgefallen, die nach Stepics Selbstanzeige aktiv geworden sind. Laut WKStA geht es allein in dem Bereich um 3,9 Mio. Euro.
„Marktüblich investiert“
Der Manager, der die RBI in Osteuropa groß gemacht hat, tätigte die von der Behörde so kritisch hinterfragten Wohnungsanund -verkäufe mithilfe einer Privatbank; auch gegen die dort involvierten Mitarbeiter wird ermittelt. Bei ihnen geht es zum Teil um den Verdacht des Abgabenbetrugs und der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung. der STANDARD betont, dass für alle hier Genannten die Unschuldsvermutung gilt. Stepics Rechtsanwältin, Sylvia Freygner, weist die Vorwürfe gegen ihren Mandanten zurück: Er habe „ausschließlich in marktübliche Immobilienveranlagungen internationaler Banken investiert. Dabei war er einer von vielen Investoren“.
Die Selbstanzeige des Bankers bezieht sich auf Kapitaleinkünfte zwischen 2003 und 2011. Sie hätten das der Finanz bekannte Einkommen des Bankers (rund 2,4 Mio. Euro) um „geschätzte“1,672 Millionen Euro erhöht. Die Steuer dafür würde rund 50 Prozent betragen. Im seinem „Anfallsbericht“an die Staatsanwaltschaft fasst das Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg die Sache so zusammen: „Es wird eingestanden, Kapitalerträge aus Investitionen in Grundbesitzgesellschaften in Osteuropa, die über ein komplexes Geflecht schließlich in ausländischen Stiftungen (Liechtenstein und Schweiz) gelandet sind, nicht versteuert zu haben. Die eingesetzten Mittel sollen ... aus versteuerten unselbständigen Bezügen stammen“.
Beteiligungsreich
Die Selbstanzeige Stepics umfasst 30 Seiten, strafbefreiend wirkt sie, wenn sie rechtzeitig erfolgt und vollständig ist. Das weiß man aber erst am Ende eines Verfahrens. Stepics Anwältin dazu: „Wir haben den Behörden von Anfang an alle Sachverhalte detailliert offengelegt. Dies betrifft alle Investments samt Erträgen. Denn auch wir sind an einer raschen Klärung allfälliger offener Fragen interessiert.“
Aus den Darstellungen in der Anzeige an die Finanz lässt sich tatsächlich ein liebevoll ausgeklügeltes, kleines Beteiligungsreich mit 17 Gesellschaften (inklusive einer Liechtenstein-Stiftung) nachzeichnen.
Den Grund für seine Investments beschreibt der frühere Raiffeisenbanker, der seinen Hut nach dem Auffliegen seiner Geschäfte im Mai 2013 nahm, so: Er habe sein Vermögen diversifizieren wollen und daher in „agrarischen Grund und Boden“investiert. Das geschah in erster Linie in Zentralund Osteuropa, das Stepic durch seine jahrzehntelange Tätigkeit für die RBI so gut wie seine Westentasche kennt. Und er investierte in Singapur. Und in Thailand.
Im Osten haben er also „grundbesitzende“Projektgesellschaften errichtet, die über maltesische und ukrainische Holdings und über seine liechtensteinische Stiftung Restem Foundation gehalten „wurden und werden“, so Stepic im Schreiben an die Finanz. Ein Teil dieser Gesellschaften sei über seine zypriotische Camalleri Services Ltd. finanziert worden. Zudem seien in der Restem Kapitalerträge angefallen, die er bislang „irrtümlicherweise“nicht erklärt habe.
Von der Farm bis zum Sommersitz
Ein Auszug aus Stepics Immobilienliste: landwirtschaftlicher Grund in Rumänien um 1,15 Mio. Euro, der zum Teil verpachtet ist. Eine Liegenschaft am Schwarzen Meer in Bulgarien, die aber „ausschließlich“privat genutzt werde. Die Farm Ukraina in Kozyn, wo u. a. Getreide angebaut wird. Die Gesellschaft, der die Farm gehört, wurde 2008 von Stepics Restem Foundation kapitalisiert und finanziert. Diese 2006 gegründete Stiftung, deren alleiniger Erstbegünstigter Stepic bis zu seinem Ableben sein wird und deren Vermögensstamm seiner Familie vorbehalten ist (Erträgnisse sollen gemeinnützigen Zwecken zufließen), hatte übrigens auch Konten im österreichischen Raiffeisenreich. Bei der Raiffeisen Landesbank Wien Niederösterreich.
Über die Restem Foundation und die treuhändig für sie gegründete Wyndham Services (British Virgins) ist Stepic 2009 übrigens auch in Thailand gelandet. Die Wyndham besitzt nämlich ein Penthouse in Phuket, das rund 400.000 Euro wert sein soll. Einkünfte gibt es laut Selbstanzeige nicht, denn auch die thailändische Immobilie werde privat verwendet.
Eine Singapur-Wohnung verkauft
Stichwort schöner Wohnen: Stepic legte auch seine (in der Öffentlichkeit bereits bekannten) drei Investments in Singapur offen. 2007 habe er beschlossen, ebendort Wohnungen zu erwerben, die Schweizer Großbank UBS habe ihm ein „fertiges ... Konstrukt vorgeschlagen“. Für jede der drei rund 150 Quadratmeter großen Immobilien (eine war 2011 noch im Entstehen) wurde eine Projektgesellschaft gegründet, und zwar in Hongkong bzw. Anguilla. Zudem diente die Yatsenko International Ltd. auf den British Virgin Islands als Finanzierungsgesellschaft. Eine der Wohnungen wurde (mit einem Gewinn von 450.000 Euro) im Jahr 2010 wieder verkauft, die Vermietung der anderen brachte ab Juli 2011 pro Monat umgerechnet rund 10.300 Euro brutto. Laut Schätzung in der Selbstanzeige betrugen die Veranlagungseinkünfte der Yatsenko von 2007 bis 2011 in Summe und „geschätzt“an die 800.000 Euro.
In seinen Steuererklärungen hat Stepic das alles nicht angegeben, er sei „der festen Meinung gewesen“, dass die Erträge aus den Immobilien „generell am Ort der Liegenschaft“steuerlich zu erfassen wären.
Ein weiterer delikater Punkt aus der Selbstanzeige betrifft „Konten und Depots“in der Schweiz – denn auch die „wurden irrtümlich nicht der Besteuerung unterzogen“(Selbstanzeige). 2011 hatte Stepic knapp 2,2 Mio. Euro in der Schweiz geparkt, die Einkünfte daraus (samt 25 Prozent Vorsichtsaufschlag) schätzen seine Steuerberater auf knapp 273.000 Euro.
Warum der 69-Jährige diese Einkünfte nicht versteuert hat? Er sei der „irrigen Meinung“gewesen, dass es mit Zahlung der ausländischen Quellensteuer auf ausländische Kapitaleinkünfte getan war. Grundsätzlich müssen ausländische Kapitalerträge aber im Wohnsitzland versteuert werden.