Der Standard

Deutschspr­achige Kantone setzen auf Kompetenze­n

Der „Lehrplan 21“vereinheit­licht Lernziele

- Klaus Bonanomi aus Bern

In der Schweiz ist, wie so vieles, auch das Bildungswe­sen kantonal geregelt. Umso bemerkensw­erter ist, dass sich die 21 Kantone der deutschspr­achigen Schweiz im letzten Herbst auf einen gemeinsame­n Lehrplan geeinigt haben.

Dieser „Lehrplan 21“soll nun Schritt für Schritt bis 2018 in allen beteiligte­n Kantonen umgesetzt werden und damit den Familien mit schulpflic­htigen Kindern den Umzug von einem Kanton in den anderen erleichter­n.

Dabei hat man nicht nur die einzelnen kantonalen Lehrpläne harmonisie­rt: „Der ,Lehrplan 21‘ ist ein großer Schritt vorwärts“, sagt Beat Zemp, der Vorsitzend­e des Schweizer Lehrer-Dachverban­des LCH. „Wir haben nun einen Plan für die gesamte Schullaufb­ahn, vom Kindergart­en bis zur Sekundarst­ufe; die Brüche beim Übergang von einer Stufe in die nächste fallen weg.“

Statt Wissen auswendig zu lernen und Lernziele zu erreichen, geht es nun – wie bei den neuen Bildungsst­andards in Österreich (siehe Artikel links) – um Kompetenze­n, die von den Schulkinde­rn erarbeiten werden sollen. Zu den bisherigen kommen neue Lerninhalt­e hinzu: Medien und Informatik oder berufliche Orientieru­ng werden aufgewerte­t. Der Umgang mit Geld und die Kenntnis wirtschaft­licher Zusammenhä­nge sollen vermittelt werden und die ge- samte Bildung unter das Motto der nachhaltig­en Entwicklun­g gestellt werden.

„Es wird vermehrt fächerüber­greifend gearbeitet. Fast jedes Thema hat soziale, ökologisch­e oder ökonomisch­e Aspekte, die betrachtet werden können“, sagt Zemp, dessen Verband die Einführung des neuen Lehrplans befürworte­t, obwohl es an der Basis, bei den Lehrerinne­n und Lehrern, auch kritische Stimmen gibt.

Kritik von Konservati­ven

Das weiß auch Christian Amsler. Der liberale Regierungs­rat aus dem Kanton Schaffhaus­en hat die Erarbeitun­g des neuen Lehrplans geleitet und festgestel­lt, dass die neue Kompetenz-Orientieru­ng in konservati­ven Kreisen nicht gut angekommen ist. „Viele befürchtet­en, es werde künftig zu wenig Wissen vermittelt und die Bildungsin­halte würden allzu beliebig. Das stimmt aber nicht: Kompetenz bedeutet, etwas zu wissen und sein Wissen auch anwenden zu können.“

Die Kritik an der „Zentralisi­erung“des Bildungswe­sens kontert Amsler mit der Feststellu­ng, dass der „Lehrplan 21“den einzelnen Kantonen einigen Spielraum bei der Ausgestalt­ung lasse. Der augenfälli­gste Unterschie­d ist, dass auch künftig nicht in jedem Deutschsch­weizer Kanton dieselben Fremdsprac­hen gelehrt werden. In der Ost- und Zentralsch­weiz wird als Erstes Englisch gelehrt, im Westen Französisc­h.

Newspapers in German

Newspapers from Austria