Auf einsamen und steilen Pfaden in das Höllengebirge
Wenn die Schneefallgrenze wieder im Wetterbericht auftaucht, werden die Gipfelziele niedriger. Trotzdem können sie spannender als mancher Dreitausender sein.
Das Höllengebirge, eingeklemmt zwischen Attersee im Westen und Traunsee im Osten, gehört zu den kleinen Gebirgen Österreichs. Zum Vergleich: Der Kalkstock mit dem Höllkogel (1862 m) als höchstem Punkt ist flächenmäßig nur halb so groß wie der Wilde Kaiser. Und der ist schon ziemlich klein.
Die Kleinheit und die Nähe zu den Ballungszentren Oberösterreichs führen dazu, dass an schönen Herbstwochenenden an den Hotspots im Höllengebirge auch richtig was los ist. An der Ostseite kommen die Seilbahntouristen mit der Feuerkogelbahn von Ebensee herauf, an der Westseite ist das Hochleckenhaus ein beliebtes Wanderziel. Mit knapp 800 Höhenmetern auf dem Normalweg von der Taferlklause herauf ist das Haus des AV-Vöcklabruck auch für weniger Trainierte ein Ziel; auch wenn dieser holprig ist und etwas Trittsicherheit verlangt.
Gebietskenner weichen im Herbst gerne auf Routen abseits der Normalwege aus. Dort sind die Bergsteiger wieder unter sich. Diese Steige sind kaum bekannt und nicht offiziell markiert. Sie verlangen alpine Erfahrung und auch etwas Klettergeschick. Wer hier einsteigt, muss den II. Grad mit traumwandlerischer Sicherheit (auch bei im Herbst nicht seltener Nässe) in teilweise grasdurchsetztem Gelände beherrschen.
Direttissima zum Kübelspeck
Eine dieser selten begangenen Wege ist der Kugelzipf-Nordwestgrat. Er führt in direkter Linie vom Gasthof Kienklause an der Großalmstraße zum Hochleckenhaus. Die Route verlässt den Normalweg bei der „Niederen Rast“, führt ent- lang der Adlerspitze durch ein Schuttfeld und dann über den Grat entlang spärlich gesetzter roter Punkte auf den unbedeutenden Kugelzipf. Schlüsselstellen sind ein luftiger Überstieg und eine Rinne (II) bald nach den Adlerspitzen sowie eine glatte Platte (III–) unter dem Gipfel. Diese kann man aber durch ein Felsenfenster kriechend elegant umgehen. Hinter dem Kugelzipf geht es durch eine Grassenke zum Haus.
Hier wird man dann nicht nur mit den sonst auch üblichen Hüttenspeisen verköstigt, die Pächter setzen auf Spezialitäten. Unter anderem gibt es ausgezeichneten Kübelspeck (für die Italophilen: Das ist Lardo aus dem Innviertel) vom Mangalitzaschwein. Abstieg am Normalweg zur Kienklause.
Zum großen Kreuz
Vom Charakter ähnlich, nur länger ist der nach dem Höllengebirgspionier aus den 1930er-Jahren Franz Scheckenberger benannte Steig. Er verlässt den Hüttenzustieg vom Parkplatz Taferlklause beim Aurachbründl nach Osten und führt in vielen Kehren unter die Felsen der Bischofsmütze (1446 m). Hier beginnt eine leichte Kletterei durch Rinnen (entlang blauer Höhlen-Markierungen) an die obere Seite der Bischofsmütze und durch Steilgelände rechts des BrunnkogelNordwestgrates auf den Gipfel.
Der Brunnkogel wartet dann mit einer Besonderheit auf: Hier steht ein überdimensionales Gipfelkreuz, in dem künstlerisch wichtige Berufe dargestellt wurden. Das 1970 errichtete Kreuz musste vor zwei Jahren erneuert werden. Das Alte war unter der Schneelast umgeknickt. Der Abstieg folgt dem Normalweg nach Westen zum Hochleckenhaus (Kübelspeck!) am Hüttenweg ins Tal.
Anreise: Mit dem Pkw von Gmunden oder von Steinbach/Attersee über die Großalm Landesstraße L 544 zu den Parkplätzen bei der Kienklause oder der Taferlklause. Mit Öffis schwierig, von Vöcklabruck verkehrt ein Postbus nach Steinbach. Schwierigkeiten: Kugelzipf-Nordwestgrat und Scheckenbergersteig verlangen alpine Erfahrung, Orientierungssinn und absolut sicheres Steigen über längere Stellen im II. Grad (Dreipunkthaltung). Am Scheckenbergersteig eventuell Steinschlag durch Vorausgehende. Helm empfohlen. Einkehr: Bis 26. Oktober Hochleckenhaus www.hochleckenhaus.at Literatur: Franz Hauzenberger, „Wander-, Kletter- und Skiführer ,Höllengebirge‘“. Eigenverlag, Vöcklabruck 2005. Bestellbar bei franz.hauzenberger@aon.at Karte: Kompass Nr. 18, „Nördliches Salzkammergut“, Maßstab 1:50.000