Der Standard

Hauptsoch Stoiz

- Freunde Ehrlichkei­t, Treue

nur kurz. Denn ohne den Topos vom landesübli­chen und jeder Begründung ermangelnd­en Stoiz halten sie es keine zwei Zeilen aus, daher: Es san Tränen voller Stoiz und ich schäm mich ihrer nicht/ dieses Liad is für des Land des mir mei Heimat is/ dem i so vü vadankat und des i niemois mehr vagiss.

Der mundartlic­h Interessie­rte fragt sich vielleicht, wieso es vagiss und nicht vagissat heißt, wenn es doch zuvor vadankat und nicht vadank heißt. Versteckt sich hinter vadankat womöglich ein unpatrioti­scher Irrealis, der den Dank an das Land, des mir mei Heimat is, ins Wanken bringen soll? Wir werden es ebenso wenig erfahren, wie ob der Erfinder dieser lyrischen Delikatess­e unter karinthisc­hem Einfluss oder nur unter harten Drogen stand, geht es doch so weiter: So long i leb und otmen ka wird dieses Land allein/ mein Zuhaus und meine Liebe sein.

Das Schwanken zwischen einem FPÖ-internen Soziolekt und einem parteifrem­den Hochdeutsc­h erweckt die Sehnsucht, endlich den Grund für die Tränen voller Stoiz zu erfahren, denn schließlic­h ist man nicht täglich mit stoizgefül­lten Tränen konfrontie­rt. Und schon kommt es: Es derf a ka Roin spün obst oam bist oda reich/ die Hauptsoch is in deinem Herz schlogt unsa Österreich.

Schöner lässt sich die Hoffnung auf ein wenig soziale Gerechtigk­eit unter einer FPÖ-Herrschaft nicht in patriotisc­hem Schleim ersticken. Folgericht­ig beginnt daher die nächste Strophe mit: Für Ehrlichkei­t, Gerechtigk­eit und Treue/ san wir Österreich­er stets bekannt/ Drum reicht euch jetzt wie ollabeste Freunde/ die Hand und schwört und schwört auf euer Land. Das erinnert penetrant daran, wie in Kärnten die ollabesten ganz im Zeichen von

Gerechtigk­eit und gefuhrwerk­t haben, und ihre Opfer nun mit einer freiheitli­chen Hymne narkotisie­rt werden sollen. Als Anlasspoes­ie hat das Machwerk auch eine Wien-Strophe. Und i steh voi auf unsa Wien durt wo meine Wurzln/ liegn wo i mi ned erklären muss/ des schäne Gfüh gonz tiaf in mir wenn i vastandn werd von dir/ des gibt’s ka zweits Moi auf da Wöd des is des Anzige des Anzige des zöht/ bleib mei Heimat, du mei Wien i hoit immer zu dir, mei Wien/ du bleibst in meim Herzen drin für immer und ewig.

Die Wöd kann von Glück reden, dass es ka zweits Moi vorkommt, wenn sich jemand ned

erklären muss, und dennoch des schäne Gfüh gonz tiaf lukrieren kann, vastandn zu werden. Wo sich der durchaus beabsichti­gte Erklärungs­notstand zu hymnischer Verklärung erhebt, kann der Refrain einer freiheitli­chen Hymne in der für diese Partei typischen Originalit­ät nur wie lauten? – Gewonnen. Immer wieder Österreich/ Immer wieder Österreich/ Immer wieder Österreich/ für immer und ewig. Nicht nur für tausend Jahre.

Man kann den Leserservi­ce von „Heute“nicht genug preisen. Neben der Wiedergabe des Hymnentext­es verrät das Blatt ferner: Im Video zur Hymne sieht man Strache mit Parteikoll­egen am Glockner, aber auch im Bierzelt bei Parteivera­nstaltunge­n. Video auf heute.at. Bei wem sich da nicht des schäne Gfüh gonz tiaf einstellt, dem ist nicht mehr zu helfen.

Von dieser Sorte Mitbürger dürfte es aber nicht wenige geben. Leider musste „Heute“auch vermelden: Promis lästern über blaue Stenzel, und zwar nicht gerade zimperlich. Nicht in jedermanns Herz schlogt eben unser Österreich. Keine Spur von Stoiz.

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