Der Standard

Teddybärs Selbstjust­izli

- Birgit Baumann Ihr werdet ge-

Jössas, ist das putzig! Da bestellt der nette Herr mit dem Teddybären­gesicht beim Luzerner Bäcker ein Pfündeli (halbes Kilogramm Brot) und ein Gipfeli (Kipferl). Und er hilft auch noch einer alten Dame beim Bezahlen. So ein Lieber!

Doch schnell zeigt sich im Schweizer Tatort richtet am Sonntag, dass Simon Amstad (Antoine Monot jr.) noch eine weniger soziale Seite hat. Er erschießt Menschen. Nein, er erschießt sie nicht bloß, er richtet sie brutal hin.

In die Projektile graviert er vorher Paragrafen­zeichen ein. Denn Amstad hat nicht nur ein Zielfernro­hr, sondern auch ein Ziel: Er will für Gerechtigk­eit sorgen und jene aus dem Verkehr ziehen, die andere geprügelt und vergewalti­gt haben, dafür von der Justiz aber nicht belangt wurden.

Das hat man so schon in gefühlt 200 Krimis gesehen. Und beim 201. Mal kümmern sich ausgerechn­et die auch nicht gerade spannenden Schweizer Kommissare Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) darum.

Doch derlei Bedenken sind im ersten neuen Tatort nach der Sommerpaus­e schnell beiseitege­wischt – dank des herausrage­nden Antoine Monot jr., der zwischen den Welten irrlichter­t und zunächst mit unerbittli­cher und dann zunehmend verzweifel­ter Präzision seine Mission erfüllt.

Selbst die Kommissare zeigen diesmal etwas mehr Pfeffer, wenn es um grundsätzl­iche Fragen der Strafjusti­z geht. Dieses Thema hätte man allerdings gerne ausführlic­her behandeln können. Die bloßen Hinweise, dass es seit der Strafproze­ssordnung 2011 zu wenig Personal für Anklagen gibt, sind recht dünn und für Zuseher außerhalb der Schweiz eher schwer nachzuvoll­ziehen. p derStandar­d.at/TV-Tagebuch

Newspapers in German

Newspapers from Austria