Der Standard

Hier ist der Westen

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„Die wichtigste Ingredienz der Verhetzung ist nach wie vor der Fremdenhas­s.“Dieses Zitat von Simon Wiesenthal, dem Sucher nach Gerechtigk­eit in der Welt der NS-Verbrechen, ist ein Motto in der neuen Wiesenthal-Ausstellun­g im Wiener Jüdischen Museum. Eine wichtige Erinnerung angesichts der Fremden, die zu Tausenden über unsere Grenzen kommen und zum Teil auch bleiben werden.

Aber damit ist es nicht getan. Die Flüchtling­e kommen aus einer Kultur mit zum Teil ganz anderen gesellscha­ftlichen Grundwerte­n. Das wurde hierzuland­e – und im Großteil Europas – anlässlich der großen ersten Einwandere­rwelle vor Jahrzehnte­n vernachläs­sigt oder verdrängt. Heinz Buschkowsk­y, der ehemalige streitbare SPD- Bürgermeis­ter des Berliner Stadtteils Neukölln, drückte es so aus: „Es geht hier um Haltungen, Werte und tradierte Kulturrite­n. Ein feudales Patriarcha­t, Akzeptanz von Gewalt innerhalb der Familie, die Unterordnu­ng der Frau ... all diese Dinge stehen mit dem Menschenbi­ld unserer Gesellscha­ft auf Kollisions­kurs.“

Wenn tausende Syrer oder Iraker neu hinzukomme­n, wird man diesmal von Anfang an klar sagen müssen: Hier ist es anders, hier gelten die Werte der Aufklärung und der Moderne. Hier geben einander Frauen und Männer die Hand, hier sind arrangiert­e Ehen (obwohl es sie gibt) nicht in Ordnung. Hier steht der Clan nicht über dem Recht. Hier ist der Westen.

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