Der Jungpapa mit dem Herzen für Autofahrer
Die Linie 71 erinnert Michael Dedic an seine Kindheit. Worüber der Kandidat der SPÖ auf dem Weg von der Innenstadt nach Simmering sinniert und was seine politischen Ziele sind, hat aufgezeichnet.
Wien – Wenn Michael Dedic über den Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) spricht, gerät er ins Schwärmen. „Er ist der beste Bürgermeister, den man sich vorstellen kann.“Wie sich Wien in seiner Amtsperiode weiterentwickelt habe – im öffentlichen Nahverkehr, im Wohnbau –, sei einzigartig. Außerdem „die Ausstrahlung, die er hat. Er ist wirklich ein Staatsmann.“
Kein Wunder also, dass Dedic nur kurz überlegte, als er von Häupl gebeten wurde, als Jugendkandidat für die Wien-Wahl zur Verfügung zu stehen. „Es ist ein schönes Gefühl, wenn man vom Bürgermeister gefragt wird“, so Dedic, den einzig kurz zweifeln ließ, dass er gerade Vater geworden ist und durch sein politisches Engagement für sein Kind zu wenig Zeit bleiben könnte. Er sagte dennoch zu.
Der 27-Jährige, seit 2010 Bezirksrat, kandidiert auf Platz 27. Er absolvierte eine Lehre bei den Wiener Linien und ist heute Teil des Zentralbetriebsrats bei den Stadtwerken. Schon in der Berufsschule war er Klassensprecher und setzte sich für die Interessen Gleichaltriger ein. Nun will er sein Wissen weitergeben und noch mehr für Lehrlinge erreichen.
Nicht nur „Studierte“
Die „Einbahnstraße Lehre“gibt es für ihn nicht. Er will diese Ausbildungsform weiter fördern. „Man hat genauso die Möglichkeit, die Matura zu machen.“Außerdem: „Wenn jeder ,studiert ist‘ und auf einer Hochschule war, ist das schön und gut. Aber die Theorie ist das eine und die Praxis das andere.“
Dass er einmal bei der SPÖ landen würde, war nicht von Anfang an klar. „Ich habe alle Parteien angeschrieben, die Einzigen, wo ich mich wiedergefunden habe, waren die Sozialdemokraten.“Das war im Jahr 2002, als im Bund die schwarz-blaue Regierung wirkte. „Es gab massive Einschnitte im Lehrlingsbereich. Das ist mir sehr sauer aufgestoßen.“
13 Jahre später ist er SPÖ-Lehrlingssprecher und damit Nachfolger von Christoph Peschek, der seine politischen Funktionen für einen anderen Job zurücklegte.
Für seine Öffi-Fahrt mit dem STANDARD hat er die Straßenbahnlinie 71 ausgewählt. „Das ist für mich eine markante Linie, seit der Kindheit. Ich bin damit mit meinen Eltern früher zum Christkindlmarkt gefahren. Vom Arbeiterbezirk in die Stadt rein.“
Für die Zukunft wünscht er sich wienweit trotz der Umfragwerte, die dagegen sprechen, wieder einer SPÖ-Alleinregierung, auch wenn unter Rot-Grün nicht alles schlecht gewesen sei. Aber „teilweise wundert man sich schon, wenn Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou nur vom Radfahren redet und noch nie draußen in einem Flächenbezirk war. Viel Spaß einer sechsköpfigen Familie mit dem Fahrrad zum Einkaufen zu fahren.“Die Bewohner der Randbezirke, so Dedic, sind auf den Radverkehr genauso angewiesen wie auf den Autoverkehr, „die Mischung macht es aus“. Auch seien Klientel – die Lehrlinge und jungen Arbeitnehmer – bräuchte das Auto, etwa für Dienstwege.
Forderungen nach Fußgängerzonen in jedem Bezirk lösen bei Dedic nur Kopfschütteln aus. „Ich sehe das nicht zwingend notwendig. Das würde den Simmeringerinnen und Simmeringern nicht gefallen, deshalb bin ich dagegen.“Selbst die Simmeringer Hauptstraße sei nicht komplett überladen vom Verkehr. „Man steht hier nicht ewig im Stau.“
SPÖ-Dominanz bröckelt
Simmering galt bisher als SPÖDomäne. Bei der Bezirksvertretungswahl 2010 büßten die Roten jedoch 11,5 Prozent ein und kamen auf 49,2 Prozent. Gleichzeitig legte die FPÖ um 16 Prozent zu, auf 34,2 Prozent. „Wer viel hat, kann viel verlieren. Wer nichts hat, kann nur dazugewinnen, deswegen haben die Blauen gewonnen“, sagt Dedic dazu. Dass manche Jungwähler eher zum jugendlicheren FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als zu Häupl tendieren könnten, will der Jugendkandidat aber nicht wahrhaben. Mit Coolness alleine werde der FPÖChef nicht weit kommen: „Der Strache kauft mir vielleicht ein Bier in der Disco, aber vom Häupl krieg ich einen Arbeitsplatz.“
Dass das Thema Flüchtlinge viele Junge verunsichere, glaubt Dedic nicht. Für ihn findet die beste Integration direkt am Arbeitsplatz statt: „Dort ist völlig egal, von wo ein Arbeitnehmer kommt.“Das werde bei den Wiener Stadtwerken vorgelebt, und er hofft, dass sich andere Betriebe ein Beispiel daran nehmen. pVideo- Interview in der Straßen
bahn auf derStandard.at/Inland